Sprache auswählen
und was man aus dem Bitcoin-Hype lernen kann
Zitiervorschlag: Busch, LR 2017, S. 1, [●], www.lrz.legal/2017S1
Die Zahl der Veröffentlichungen zu den Themen Legal Technology, Zukunft des Rechts und technische Unterstützung der Rechtsanwendung kennt seit zwei Jahren nur eine Richtung: steil nach oben. Genauso schnell hat sich die Debatte über Legal Tech aufgeheizt. Dieser Beitrag geht der Frage nach, was die aktuelle Diskussion über Legal Tech wirklich voranbringen würde und worauf getrost verzichtet werden könnte.
Legal Tech findet bisher noch in einer recht begrenzten Gruppe statt. Die breite Masse der Juristen hat das Thema Legal Tech bzw. Digitalisierung und Recht noch nicht für sich entdeckt (hierzu später mehr). Die Zahl der Interessierten steigt jedoch stetig, und das ist auch gut so. Ein Blick auf die Teilnehmerzahlen von wiederkehrenden Events oder Messen bestätigt dies. Auf den Events und Veranstaltungen wird natürlich viel diskutiert und über Meinungen gestritten.
Ein sehr beliebtes Thema bei solchen Debatten ist der berühmt-berüchtigte Robo-Lawyer: die mit künstlicher Intelligenz ausgestattete perfekte Subsumtionsmaschine, die dem klassischen Anwalt den Rang abläuft. Dieser Robo-Lawyer steht für eines der Missverständnisse, die die Legal Tech Debatte belasten. Legal Tech wird oft auf künstliche Intelligenz und neuronale Netze reduziert. Hinzukommen dann überzogene Erwartungen an die Leistungsfähigkeit dieser Technologien, die in der Realität nur enttäuscht werden können.
Dies führt dann nicht selten zu Häme und Spott über Legal Tech und schadet so der konstruktiven Debatte. Künstliche Intelligenz und neuronale Netze gehören zu Legal Tech, aber sie stehen nicht alleine dafür. Der Robo-Lawyer wird vielleicht irgendwann Realität, doch vermag niemand sicher vorauszusagen wann. Das soll nicht heißen, dass jede Diskussion über den Robo-Lawyer und seine Auswirkungen sinnlos wäre - im Gegenteil: Es ist sehr wichtig, über die Risiken einer solchen Technologie zu sprechen, aber dabei muss stets zwischen dem technisch Machbaren und Science-Fiction unterschieden werden.
Zu Legal Tech gehören neben KI und den neuronalen Netzen auch einfache Softwareanwendungen, die bei einfachen, oft wiederkehrenden Rechtsprobleme durch die Abfrage der relevanten Fragen zu sehr guten Ergebnissen führen. Um ein solches Abfrage-Tool zu programmieren, sind oftmals nur Grundkenntnisse einer Programmiersprache wie zum Beispiel VBA nötig.
Sicherheit ist ein weiterer Dauerbrenner in Legal-Tech-Diskussionen. Von Kritikern der Digitalisierung ins Feld geführt, ist es oft ein nur unter größtem argumentativen Aufwand zu entkräftendes Argument. Denn Datensicherheit und Verschlüsselung sind gerade in der Rechtsbranche ein zentrales Thema.
Die digitalisierungsbedingten Probleme dürfen in dieser Hinsicht auf keinen Fall vernachlässigt werden. Die jüngsten Entwicklungen bei der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) zeigen, wie gravierend sich Versäumnisse und Fehler bei der Ausgestaltung der Sicherheitsvorkehrungen auswirken können. Datensicherheit wird in der digitalen Welt immer eine entscheidende Rolle spielen.
Die Sicherheitsbedenken jedoch als absolutes Argument gegen jegliche Form von Legal Tech in der Rechtsanwendung zu verwenden, wäre genauso falsch wie ihre vollständige Negierung. Auch die E-Mail stieß anfangs auf immense Sicherheitsbedenken. Heute ist sie aus dem Berufsalltag eines Juristen nicht mehr wegzudenken. Statt einer Diskussion der Extreme sollte die Sicherheitsdebatte auf Konsens und Problemlösung ausgerichtet werden.
„Viele reden darüber – wenige machen es.“ Dieser Ausruf passt in vielerlei Hinsicht sehr gut auf die aktuellen Diskussionen über Legal Tech. Neben einigen wenigen Pionieren, die meist selbstständig an Legal-Tech-Produkten arbeiten, sowie einigen Kanzleien, die langsam beginnen, Legal-Tech-Kompetenz auf- und auszubauen, scheint die Mehrheit der Akteure den Schritt vom „reden“ zum „machen“ noch zu scheuen. Unsicherheiten, fehlende Erfahrungswerte und die Angst vor einem falschen ersten Schritt sind nachvollziehbare Hürden für größere Investitionen. Vielleicht wird der Rechtsmarkt im Jahr 2018 mehr mutige Taten erleben und zu einem richtungsweisenden Jahr werden.
Aus dem Hype um die Kryptowährung Bitcoin kann man einiges für den richtigen Umgang mit Legal Tech lernen. Der Bitcoin-Hype der letzten Monate ist unter anderem der stark gestiegenen Popularität und der dadurch erhöhten Nachfrage zu verdanken. Am Anfang waren Krypto-Währungen und Blockchains nur technikaffinen Programmierern bekannt. Die breite Masse war noch zu skeptisch und vertraute den neuen Techniken nicht.
Nach einiger Zeit verwandelte sich diese Skepsis in mutiges Vertrauen. Immer mehr schlossen sich dem Trend an und erwarben die neue Währung. Dieser Wandel sollte, unabhängig von Bitcoin und Blockchain, ein Vorbild für den Umgang mit Legal Tech und neuen technologischen Möglichkeiten in der Rechtsbranche sein.