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Nur wo ein Wille ist, ist ein Weg
Zitiervorschlag: Löffler, LR 2019, S. 247, [●], www.lrz.legal/2019S247
Geht es um Personal Branding und Social Media-Marketing für Kanzleien im B2B-Umfeld, ist LinkedIn gerade DER große Hype im digitalen Kanzleimarketing.
Eine Information, die mir im Zusammenhang mit LinkedIn jedoch etwas zu sehr untergeht: LinkedIn ist nicht für jeden etwas. Nur wo echter Wille ist, ist auch ein Weg – so könnte das Motto für die Nutzung von LinkedIn lauten.
Glaubt man den Stimmen von zahlreichen Marketern für Rechtsanwälte und Kanzleien, ist LinkedIn-Marketing aktuell DAS absolute Must-have der Selbstvermarktung. Und ja, dieses Businessnetzwerk hat kaum zu überschätzendes Potenzial für Beraterpersönlichkeiten und Kanzleien, also für die Positionierung von Personen und Kanzleien und Vermarktung von Rechtsberatung. Und das gilt unabhängig von der Größe der Kanzlei! Für Einzelanwälte ist LinkedIn genauso geeignet wie für die Big Player. Und genau das macht dieses Medium enorm interessant für alle.
Schön und gut, LinkedIn ist also eine prima Sache. Vergessen sollte man dabei nur eines nicht: Soziale Medien wie LinkedIn leben von Content, Content aller Art: Fotos, Texte, Grafiken und Videos im besten Fall. Ohne Content macht LinkedIn, ohne Content machen soziale Medien keinen Sinn.
Das wiederum bedeutet: LinkedIn so zu betreiben, dass es etwas bringt, macht eine Menge Arbeit! Content suchen, planen, selbst erstellen und das in schöner Regelmäßigkeit. Persönliche Profile, Kanzleiprofile und Ads funktionieren einfach nicht ohne. Denn auch Ads verlinken bestenfalls auf Inhalte, die dem Leser einen Mehrwert bieten, nicht auf eine schnöde Website-Startseite, die keinen Bezug zum beworbenen Inhalt hat.
Außerdem sollte man LinkedIn professionell in jeder Hinsicht betreiben. Einfach drauf los posten – oder von Mitarbeitern aller Qualifikationsstufen posten zu lassen –, ist gerade für Kanzleien so eine Sache. Denn gerade in der Rechtsberatungsbranche ist es m.E. enorm wichtig, auch in der Social-Media-Kommunikation Rechtskompetenz zu beweisen und vorzuleben. Vorgaben aus dem Urheberrecht zu beachten, Persönlichkeitsrechte Dritter und ggfs. auch das Wettbewerbsrecht im Blick zu behalten, gehört da ganz einfach dazu. Alles andere ist für Anwälte schlichtweg unsouverän.
Auf das juristische Bauchgefühl von Anwälten zu vertrauen, die mit Medien- und Urheberrecht nichts am Hut haben, ist dann schlichtweg fahrlässig. Die Regeln zum Umgang mit dem Recht am eigenen Bild, der Lizenzpflicht im Urheberrecht mit all den schönen Ausnahmen und auch wettbewerbsrechtliche Aspekte in diesem Umfeld saugt eben nicht jeder Anwalt mit der Muttermilch auf.
Deswegen sind gerade größere Kanzleien gut beraten, alle Mitarbeiter – auch Anwälte! – hinsichtlich der Arbeit mit LinkedIn und medienrechtlich zu schulen. Aber auch Einzelanwälte sollten sich ggfs. zu dem Thema schlau machen.
Könnte man auf die Idee kommen: LinkedIn source ich aus. Agenturen für so etwas gibt es ja genug. Denen bezahlt man Geld. Läuft.
Aber so einfach ist es leider nicht – oder nicht immer. Will man Personal Branding über LinkedIn betreiben, liegt der Hase bei „personal“ im Pfeffer. Es geht um Persönlichkeit. Und Persönlichkeit kann man enorm schlecht outsourcen. Bei Anwälten hat das mehrere Gründe:
Anwälte kommunizieren meist etwas anders als andere Berufsgruppen, vor allem untereinander. Manche Kollegen duze ich nach – gefühlt – fünf Minuten. Andere Kunden beginnen auch nach mehreren Jahren Zusammenarbeit jede E-Mail mit „sehr geehrte Frau Kollegin“. Den richtigen Ton unter Anwälten zu treffen, ist für Außenstehende nicht leicht. Und das meine ich nicht aus elitären Beweggründen heraus, sondern aus einigen Jahren Erfahrung, in denen ich das immer wieder beobachten konnte. Den sehr vielfältigen Umgangston der Rechtsberatungsbranche zu treffen, fällt Agenturen schwer, dafür braucht es Fingerspitzengefühl für diese Branche. Noch schwerer ist es, den richtigen Ton zu treffen, wenn z. B. eine Kontaktanfrage auf einer persönlichen Begegnung basiert. Denn diese Begegnung prägt natürlich auch den Ton der Kontaktaufnahme: Anrede mit Vornamen? Themen oder Scherze aus der persönlichen Begegnung oder Fachliches? Ich persönlich werde immer sehr skeptisch, wenn ich merke, dass ein persönliches Profil „gemanaged“ ist… Denn ich vernetze mich mit Personen, um mit diesen Personen zu kommunizieren und nicht mit einem „Stellvertreter“… Persönliche Profile sollte man also immer persönlich betreiben.
Anders sieht das bei Kanzleiprofilen aus. Hier geht es weniger um persönliche Kommunikation, sondern um schlichte Social-Media-Unternehmens-Kommunikation. Ist die Qualität der Inhalte gesichert, die kommuniziert werden, kann man Kanzlei-Profile also durchaus in die Hände einer sorgfältig ausgesuchten Agentur geben bzw. ohne Probleme durch interne Marketer betreiben lassen. Und nicht zuletzt: wer nicht über Profile werben kann oder will, kann auch ganz einfach Werbung, sprich Ads in LinkedIn schalten. Das erzeugt Sichtbarkeit und: kann sehr gut outgesourced werden.
Machen Sie LinkedIn, aber nur, wenn Sie es wollen. Und machen Sie es dann wie Ihre gesamte Arbeit: professionell und bestenfalls mit Herzblut. Denn nur, wenn sie authentisch sind und nicht nur authentisch wirken, kann LinkedIn nachhaltig funktionieren.
Potemkinsche Dörfer fliegen auch im Netz irgendwann auf. Kommunizieren Sie also nur das, was Sie wirklich sind und können – ob klein oder groß –, und das professionell: regelmäßig, aber nicht zu aufdringlich, mit gutem Content und rechtlich einwandfrei.
Wer schon vorher beim Gedanken an die zusätzliche Arbeit ächzt: lassen Sie es! Ohne etwas zu tun, funktioniert ein LinkedIn-Profil genauso wenig wie ein Anwaltsprofil beim Suchdienst oder ein Fitnessstudio, das man nicht besucht.
Für alle anderen, die den Aufwand nicht scheuen: Wer den Aufwand nicht scheut, auf die Plätze, fertig, los! Wir sehen uns bei LinkedIn und dann sicherlich auch irgendwann „in echt“.