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Ist die Vermietung einer – oftmals kostspieligen – Immobilie geplant, hat der Vermieter ein großes Interesse, die Vorsteuern geltend zu machen. Die Vermietung ist jedoch grundsätzlich umsatzsteuerfrei, so dass der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Unter bestimmten Voraussetzungen können Vermieter aber zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Dies hängt im Ergebnis jedoch u.a. von der konkreten Nutzung des Mieters ab, worauf der Vermieter faktisch keinen Einfluss hat. Der Beitrag beleuchtet die richtige Einordnung von und den richtigen Umgang mit den daraus resultierenden umsatzsteuerlichen Risiken.

1. Einführung

Immobilieninvestitionen sind oftmals kostenintensiv. Sofern im Rahmen des Erwerbs, der Errichtung oder Sanierung einer Immobilie Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde, beseht daher in der Regel ein großes Interesse, die Vorsteuern aus den Eingangsrechnungen geltend zu machen. Die Vermietung ist jedoch grundsätzlich umsatzsteuerfrei, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Demzufolge ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Vermieter aber zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Mit der dann umsatzsteuerpflichtigen Vermietung geht die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs einher.

Rn1

Allerdings hängt die Wirksamkeit der Option und damit der Vorsteuerabzug des Vermieters unter andrem von der konkreten Verwendung des Mietobjektes durch den Mieter ab, welche außerhalb des Einflussbereiches des Vermieters liegt. Damit gehen Interessenkonflikte zwischen dem Vermieter und Mieter einher.

Rn2

Letztlich hat der Vermieter im Rahmen des Ankaufs, der Herstellung oder der Sanierung Vorsteuern geltend gemacht, weil er beabsichtigt hat, die Immobilie steuerpflichtig zu vermieten. Ist nun aber tatsächlich keine wirksame Option erfolgt bzw. fallen die Voraussetzungen während des laufenden Mietverhältnisses weg, weil der Mieter eine die Option ausschließende Verwendung des Mietobjektes vornimmt, muss der Vermieter Vorsteuern im Rahmen des § 15a UStG an die Finanzbehörde zurückzahlen. Mit diesem Risiko gilt es als Vermieter umzugehen und eine gerechte Risikoverteilung durch vertragliche Gestaltung zu gewährleisten.

Rn3

2. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG

Die Vermietung und Verpachtung (im Folgenden: Vermietung) von Grundstücken wird samt den umsatzsteuerrechtlich zu berücksichtigenden Nebenleistungen von der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG erfasst.1

Rn4

Dabei richtet sich der Begriff der Vermietung im Sinne der Vorschrift nach dem Unionsrecht und nicht nach nationalem Zivilrecht.2 Beinhaltet ein Mietvertrag neben der bloßen Gebrauchsüberlassung weitere Leistungen, muss zwischen sog. gemischten Verträgen und Verträgen besonderer Art unterschieden werden.3

Rn5

Demnach kann die Vermietung als einheitliche Leistung bestimmte nichtselbständige Nebenleistungen mitumfassen (sog. gemischter Vertrag). Sofern die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen4 oder Einrichtungsgegenständen5 oder auch die Erbringung sonstiger Leistungen nicht prägend6 und von untergeordneter Bedeutung ist sowie hinter das Interesse an der Nutzung der Immobilie zurücktritt, ist eine einheitliche Leistung gegeben. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist dies z.B. bei der Wärmelieferung, der Versorgung mit Wasser, der Treppen- und Flurreinigung, der Beleuchtung von Gemeinschaftsflächen, sowie sonstigen regelmäßig den Mietnebenkosten unterfallenden Positionen – mit Ausnahme der Lieferung von Gas oder Heizöl – der Fall.7

Rn6

Keine Vermietung im umsatzsteuerlichen Sinne liegt vor, wenn über die eigentliche Vermietungsleistung hinaus zusätzliche Leistungen erbracht werden, die derart prägend sind, dass die dann einheitlich zu beurteilende Gesamtleistung nicht mehr als Vermietungsleistung angesehen werden kann (sog. Verträge besonderer Art).8

Rn7

Bei der Mehrheit von Leistungen sind somit drei unterschiedliche Einstufungen mit jeweils unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen denkbar:

Rn8

ABB1 Tillmanns

Rn9

Abb. 1: Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG

Rn10

Die Steuerbefreiung greift grundsätzlich nicht für die explizit in § 4 Nr. 12 S. 2 UStG ausgenommenen Leistungen. Dies sind:

  • die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält (insb. Hotelübernachtungen);
  • die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen;9
  • die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen;
  • die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtung), auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind.10
Rn11

3. Die Option bei der Grundstücksvermietung nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG

Der Vermieter kann bei den von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG erfassten Umsätze auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG verzichten.

Rn12

ABB2 Tillmanns

Rn13

Abb. 2: Verzicht auf Steuerbefreiung

Rn14

3.1. Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG

Die Option darf nur gegenüber einem Unternehmer erklärt werden und die Vermietung muss für dessen Unternehmen erfolgen, § 9 Abs. 1 UStG. Der Mieter muss daher eine unternehmerische Verwendungsabsicht haben. Bei der klassischen Wohnraumvermietung kommt eine Option damit nicht in Betracht.

Rn15

Die Option bei Vermietungsumsätzen ist formfrei.11 Es genügt bereits eine entsprechende vertragliche Vereinbarung mit offenem Umsatzsteuerausweis. Enthält ein solcher Vertrag sämtliche weiteren Angaben des § 14 Abs. 4 UStG, stellt er für den Mieter zugleich eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung dar.12

Rn16

Dabei ist die Optionserklärung gem. § 9 UStG – sowie deren Rücknahme – zulässig, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder auf Grund eines Vorbehalts der Nachprüfung gem. § 164 AO noch änderbar ist.13

Rn17

3.2. Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG

Bei der Vermietung von Grundstücken ist ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG drüber hinaus nur möglich, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG erfüllt sind.14

Rn18

Beachte: Die engen Voraussetzungen der Optionsausübung gem. § 9 Abs. 2 UStG finden keine Anwendung, wenn das betreffende Gebäude ein Altgebäude i.S.v. § 27 Abs. 2 UStG ist. Je nach Verwendungszweck stellt § 27 Abs. 2 UStG dafür auf bestimmte Zeitpunkte des Errichtungsbeginns und der Fertigstellung des Gebäudes ab. Gleichwohl kann ein solches Gebäude die Eigenschaft eines Altgebäudes durch Baumaßnahmen verlieren. Dies betrifft Baumaßnahmen, die zur Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts führen. Es müssen tiefgreifende Veränderungen erfolgen.15

Rn19

Nach § 9 Abs. 2 UStG ist eine Option nur zulässig, wenn der Mieter in dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt das vermietete Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Rn20

Eine Option scheidet demnach aus, wenn der Mieter steuerfreie Umsätze tätigt, welche einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG ausschließen (sog. Ausschlussumsätze).16 Solche liegen insbesondere vor, wenn der Mieter nach seinem Geschäftsmodell Umsätze tätigt, die nach § 4 UStG steuerfrei sind. Zu den die Option ausschließenden Mietern zählen in der Praxis in erster Linie Banken (§ 4 Nr. 8 UStG), Versicherungen (§ 4 Nr. 10 UStG), Ärzte, Krankenhäuser und andere Heilberufe (§ 4 Nr. 14 UStG), Sozialversicherungsträger (§ 4 Nr. 15 UStG), Alten- und Pflegeheime (§ 4 Nr. 16 UStG) sowie Privatschulen (§ 4 Nr. 21 UStG).

Rn21

Beachte: Liegen seitens des Mieters Ausschlussumsätze vor, behandelt die Finanzverwaltung zur Vermeidung von Härten die Verwendung des Grundstücks im Besteuerungszeitraum zu nicht mehr als 5 % für Ausschlussumsätze als unschädlich (sog. Bagatellgrenze).17 Hierbei ist eine gebäude(teil)bezogene Sichtweise maßgeblich.18

Rn22

Gem. § 9 Abs. 2 S. 2 UStG obliegt dem Vermieter der Nachweis des Vorliegens obiger Voraussetzungen und damit insbesondere auch die ausschließliche Verwendung des Grundstücks für Abzugsumsätze des Mieters.

Rn23

3.3. Umfang der Option: Möglichkeit der Teiloption

Der Umfang der Optionsausübung steht dem Vermieter – unter Beachtung der Voraussetzungen für die Option – frei.19 Daher ist neben der umfassenden Option auch eine bloß auf einen Teil des Gebäudes begrenzte Teiloption grundsätzlich erlaubt. Bei Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG ist eine Teiloption nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung jedoch nur auf einen nach räumlichen Gesichtspunkten baulich abgrenzbaren Teil des Grundstücks beschränkt möglich. Eine quotale20 oder auf Teilflächen von Räumen beschränkte Option ist ausgeschlossen.21

Rn24

4. Umsatzsteuerrechtliche Risiken aus Vermieterperspektive

Wie dargestellt muss der Vermieter nach § 9 Abs. 2 S. 2 UStG das Vorliegen der Optionsvoraussetzungen nachweisen. Da die tatsächliche Verwendung durch den Mieter aber außerhalb des Einflussbereiches des Vermieters liegt, gehen diverse umsatzsteuerrechtliche Risiken mit der Option einher.

Rn25

Wenn die Voraussetzungen des § 9 UStG nicht gegeben sind, liegt zwangsläufig eine steuerfreie Vermietungsleistung vor. Es besteht in diesem Fall kein Wahlrecht zur Umsatzsteuerpflicht. Sind im Rahmen der Immobilieninvestitionen Vorsteuern geltend gemacht worden, weil eine steuerpflichtige Nutzung des Gebäudes beabsichtigt war, müssen bei der dann steuerfreien Nutzung § 15a UStG-Korrekturen vorgenommen werden. Die zu Unrecht gezogene Vorsteuer muss im Rahmen der § 15a UStG-Berichtigung zurückgezahlt werden. Der Vermieter erleidet damit eine Vermögenseinbuße. Diese kann vor dem Hintergrund der mit Immobilien oftmals einhergehenden Investitionen erheblich sein.

Rn26

Diesen Risiken kann und sollte der Vermieter auf zivilrechtlicher Ebene mit einer Umsatzsteuerklausel begegnen. Diese vertragliche Vereinbarung führt zwar nicht zu einer anderweitigen umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung, kann aber den durch die Realisierung des Risikos entstandenen wirtschaftlichen Schaden auf den Mieter – als Verursacher – abwälzen. Dies bedeutet bei Lichte betrachtet jedoch keinen Ausschluss, sondern vielmehr nur eine Verringerung der Risiken und schützt nicht vor dem allgemeinen Insolvenzrisiko des Vertragspartners.

Rn27

5. Risikobehaftete Sachverhaltskonstellationen

Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 UStG kommt es darauf an, dass der Leistungsempfänger das Grundstück nicht für vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze verwendet. Gesetzlich ist somit eine Abhängigkeit des Vermieters vom Mieter normiert. Durch diese Abhängigkeit können bereits unvorhergesehene Änderungen im Geschäftsmodell des Mieters zum Wegfallen der Optionsvoraussetzungen und damit zu den Vorsteuerabzug ausschließenden Ausgangsleistungen führen.

Rn28

Das Risiko potenziert sich in Fällen der sog. Kettenvermietung, also mehrstufigen Mietverhältnissen mit mindestens einem Zwischenmieter. Denn dabei kommt es für die Option auf die Nutzung auf der letzten (!) Stufe an. Nur wenn der Mieter des Kettenendes das Grundstück zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet, kann auf den jeweiligen Vorstufen bzgl. der Steuerfreiheit optiert werden.22 Mit jedem weiteren Zwischenmietverhältnis erhöht sich damit das dargestellte Risiko.

Rn29

Daneben können auch Gesetzesänderungen entsprechend unvorhergesehene Folgen hervorrufen. So kann eine solche Auswirkungen auf bereits gelebte Geschäftsmodelle haben, die die Steuerpflicht betrifft und damit die Option in Frage stellen. Das hat sich beispielsweise jüngst im Kontext des Weiterbildungsbereiches gezeigt. Überraschend wurde der gesetzliche Anwendungsbereich der steuerfreien Bildungsleistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2024 erweitert.23 Die Erbringung von steuerpflichtigen Bildungsleistungen ist durch die aktuelle Konzeption für private Anbieter zukünftig zumindest mit Rechtsunsicherheiten verbunden. Die Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten. Die mögliche Steuerfreiheit von Bildungsleistungen würde dazu führen, dass die Vermietung von Räumlichkeiten, die für Bildungszwecke an private Weiterbildungseinrichtungen vermietet werden, nicht mehr „optionsfähig“ wären.

Rn30

6. Begegnung der umsatzsteuerrechtlichen Risiken

Den oben genannten umsatzsteuerlichen Risiken bei steuerpflichtigen Vermietungsleistungen – insbesondere den geltend gemachten Vorsteuerabzug des Vermieters betreffend – kann auf verschiedene Weisen begegnet werden.

Rn31

6.1. Zivilrechtliche Umsatzsteuerklausel

Zum einen besteht die Möglichkeit mit einer entsprechenden Umsatzsteuerklausel den wirtschaftlichen Risiken, die aus der Abhängigkeit des Vermieters von der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter resultiert, zu begegnen. Eine solche interessengerechte Umsatzsteuerklausel könnte unter Beachtung der Risikoverteilung wie folgt lauten:

Rn32

§ [x] Umsatzsteueroption

Gegenstand des Mietvertrages zwischen den Parteien, die Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sind, ist das zuvor bezeichnete Grundstück.

(1) Die Parteien sind sich einig, dass der Vermieter auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichtet (Umsatzsteueroption). Dem Mieter ist bekannt, dass eine solche Umsatzsteueroption nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 2 UStG zulässig ist. Die Rücknahme des Verzichts erfordert eine schriftliche Zustimmung des Mieters.

(2) Der vereinbarte Nettomietzins beträgt XXX € zzgl. Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe, derzeit 19 %. Die Parteien sind sich darüber einig, dass sich die Nettomiete um einen Betrag erhöht, der der Umsatzsteuer auf die von der Nettomiete im Einzelnen erfassten Positionen entspricht, wenn der Mieter gegen seine Pflicht aus Abs. 3 Nr. 1 verstößt. Die Mieterhöhung tritt mit Wirkung für den laufenden Abrechnungszeitraum, in den die erstmalige Pflichtverletzung fällt, ein.

(3) Der Mieter verpflichtet sich vor diesem Hintergrund:

  1. das angemietete oder gepachtete Grundstück ausschließlich für Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug bei dem Mieter nicht ausschließen;
  2. dem Vermieter jährlich nachzuweisen, dass er das Mietobjekt ausschließlich für Umsätze nutzt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Hierfür ist eine Bescheinigung eines Steuerberaters ausreichend;
  3. den Vermieter unverzüglich über solche Umstände in Kenntnis zu setzen, welche die Zulässigkeit der Umsatzsteueroption des Vermieters betreffen. Dies gilt insbesondere für Feststellungen der Finanzbehörden, die im Rahmen von beim Mieter oder Untermieter durchgeführten Betriebsprüfungen getroffen werden;
  1. dem Vermieter auf Anforderung hin unverzüglich sämtliche bei ihm bestehenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die zur Erfüllung der dem Vermieter obliegenden, gegenüber den Finanzbehörden zum Nachweis der Zulässigkeit der Umsatzsteueroption bestehenden Nachweispflicht nach § 9 Abs. 2 Satz 2 UStG erforderlich sind.

(4) Eine vollständige oder teilweise Untervermietung der Mietsache durch den Mieter ist nur zulässig, wenn der Mieter seinerseits eine Umsatzsteueroption gegenüber dem Untermieter erklärt und der Untermieter sämtliche Verpflichtungen des Abs. 3 dieses Vertrages eingeht. Der Mieter haftet gegenüber dem Vermieter uneingeschränkt für die Einhaltung dieser Vorgaben durch den Untermieter.

(5) Verstößt der Mieter gegen seine Pflichten aus Abs. 3 dieses Vertrages, ist er zum Ersatz sämtlicher dem Vermieter hierdurch entstehender Schäden, insbesondere solcher, die aus einer Korrektur des Vorsteuerabzugs des Vermieters entstehen, verpflichtet.

(6) Schadenersatzansprüche des Vermieters verjähren nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Bestandskraft desjenigen Steuerbescheides, mit dem die zuständige Finanzbehörde des Vermieters die durch das steuerschädliche Verhalten des Mieters oder Untermieters bedingte Unzulässigkeit der Umsatzsteueroption feststellt.

Rn33

6.2. Leistung sui generis

Eine weitere Möglichkeit besteht in der konkreten Ausgestaltung der Leistung. Wie bereits dargestellt (s. oben unter 2.) greift die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG nur für eine Vermietungsleistung. Bei Vorliegen einer Leistung eigener Art / sui generis ist der Vertragsgegenstand keine Vermietungsleistung. Die Ausübung der Option nach § 9 UStG ist damit obsolet, denn Leistungen eigener Art fallen nicht unter die Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 UStG und sind damit grundsätzlich steuerbar und -pflichtig.24 Insoweit entfällt das bzgl. der Option nach § 9 UStG risikobehaftete Abhängigkeitsverhältnis des Vermieters von der Verwendung des Grundstücks durch den Mieter. Durch den steuerpflichtigen Leistungsaustausch steht der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG unabhängig von der weiteren Verwendung des Mieters nichts entgegen.

Rn34

Solche Leistungen eigener Art sind gekennzeichnet durch verschiedene Leistungselemente, die nur zum Teil auf einen Miet-/Pachtvertrag zurückfallen, andererseits aber mit Merkmalen anderer Vertragsarten zusammenfallen. Dabei muss in der Gesamtschau der tatsächlichen Verhältnisse die Vermietungsleistung von anderen wesentlicheren Vertragsleistungen überdeckt werden und hinter das einheitliche, unteilbare Ganze der komplexen Leistung zurücktreten.25

Rn35

Die Ausgestaltung als Leistung sui generis ist jedoch nur möglich, sofern verschiedene Leistungselemente gegeben sind, die von der Vermietungsleistung unterschiedliche Merkmale aufweisen. Insoweit kommen diverse Umsetzungsmöglichkeiten in Betracht, die maßgeblich abhängig sind von den Gegebenheiten des Einzelfalls. Die Vereinbarung eines Leistungsbündels ist ausschlaggebend für die Einordnung als Leistung sui generis. Es müssen eine Vielzahl von Leistungen vereinbart werden, die in ihrer Gesamtschau ein neues Ganzes ergeben.

Rn36

Eine solche Möglichkeit kommt beispielweise bei der Vermietung von „Co-Working“-Räumlichkeiten in Betracht. Diese ist geprägt durch eine Vielzahl von Elementen. So werden neben der Räumlichkeit in der Regel auch die Nutzung von Bürogeräten (Computer, Drucker oder Kopierer), des Internets, des Sekretariats sowie die Raumreinigung geleistet.26 In der Gesamtschau handelt es sich um ein durch seine unterschiedlichen Leistungsbestandteile geprägtes Bündel, was sich nicht als einfache Vermietungsleistung versteht.27 Abhängig von den konkreten Vereinbarungen des Einzelfalls, tritt der Leistungsbestandteil der Vermietung deutlich oder weniger deutlich in den Hintergrund und prägt das Leistungsbündel entsprechend. Damit ist die Einordnung der Leistung als Leistung sui generis einzelfallabhängig.

Rn37

Um bei einem solchen Vorhaben Rechtssicherheit zu gewinnen, ist nach Entwurf des Vertrages / Geschäftsmodells (aber zwingend vor Verwirklichung des Sachverhaltes) ein Antrag auf verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt nach § 89 AO denkbar. Je nach wirtschaftlicher Bedeutung des Vorsteuerabzugs, die wiederum abhängig ist von den (geplanten) Investitionen in das Grundstück, bietet sich die Beantragung einer verbindlichen Auskunft bereits in der Bauphase an. Durch das Ergebnis der verbindlichen Auskunft können Investitionen gesteuert und die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens kalkulierbar gesteigert werden.

Rn38

7. Fazit

Ist die Vermietung einer – oftmals kostspieligen – Immobilie geplant, hat der Vermieter ein großes Interesse die Vorsteuern geltend zu machen. Die Fragestellungen rund um den Vorsteuerabzug bei Immobiliensachverhalten sind an sich bereits komplex.

Rn39

Neben der Zuordnung des Grundstücks zum Unternehmen28, kann bei einer gemischten Nutzung (unternehmerisch sowie nicht unternehmerisch) der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG verwehrt sein. Schließlich ist im Rahmen der gemischten Nutzung einer Immobilie mit den Fragen zu dem korrekten Aufteilungsschlüssel i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG umzugehen. Es gilt zudem ganz grundsätzlich die abzugsfähigen Vorsteuern richtig zu ermitteln. Dabei ist zwischen den Kosten für den Erhaltungsaufwand einerseits sowie den (nachträglichen) Herstellungs- und Anschaffungskosten (sog. Eintopftheorie) zu unterscheiden.29 Diese komplexen Fragenstellungen haben für sich genommen ohnehin eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung.

Rn40

Umso mehr muss den dargestellten Risiken der Option Rechnung getragen werden. Dies kann zum einen zivilrechtlich mit einer Umsatzsteuerklausel erfolgen, die den Gefahren von wirtschaftlichen Schäden begegnet. Zum anderen kann je nach Sachverhaltskonstellation über eine Leistung eigener Art eine steuerpflichtige Nutzung der Immobilie sichergestellt werden, um den Vorsteuerabzug zu gewährleisten.

Rn41

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