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Am 1. August 2022 tritt das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) in Kraft. Der Beitrag stellt die wesentlichen rechtlichen Neuerungen vor und weist auf die zahlreichen Unstimmigkeiten dieses Gesetzes hin, das alles andere als einen "großen Wurf" darstellt.

1. Einführung

Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG), das am 1. August 2022 in Kraft tritt, dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (ABl. L 186 vom 11.07.2019, S. 80). Die Digitalisierungsrichtlinie soll dem Zweck dienen, durch den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen europaweit grenzüberschreitend zu vereinfachen. Zu diesem Zweck enthält sie eine Reihe von Vorgaben wie vor allem die Verpflichtung zur Einführung der Online-Gründung der GmbH, zu Online-Verfahren bei Registeranmeldungen für Kapitalgesellschaften und Zweigniederlassungen, zur Einreichung und Offenlegung von Urkunden und Informationen im Handels- und Unternehmensregister sowie zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über das europäische System der Registervernetzung. Ursprünglich war die Umsetzung bis zum 1. August 2021 vorgesehen. Den Mitgliedsstaaten wurde eine Option zur Verlängerung der Umsetzungsfrist bis zum 1. August 2022 eingeräumt, von der Deutschland Gebrauch gemacht hat.

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Leider berücksichtigen die neuen Regelungen kaum die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie. Während fast überall Lehren aus der Krisenzeit gezogen und althergebrachte Traditionen und Gewohnheiten über Bord geworfen und transparente Beschleunigungen gefunden wurden, ist das im Hinblick auf das digitale notarielle Verfahren in Deutschland leider nicht der Fall. Ausweislich des Regierungsentwurfes ist Ziel der Regelung, „die bewährten Standards des traditionellen Präsenzverfahrens behutsam auf die neu eingeführten Online-Verfahren zu übertragen. Auch in Zukunft soll das bewährte Präsenzverfahren der Normalfall des notariellen Beurkundungsverfahrens bleiben.“1 Soweit der Entwurf offenbar davon ausgeht, in einer Präsenzveranstaltung könnten bestimmte Dinge besser erklärt werden als online, ist dies tatsächlich nicht nachvollziehbar. Hier wurden in Pandemiezeiten über Videotechnik ganz andere Erfahrungen gemacht. Vorlesen und erläutern können die Notare und Notarinnen online im Video-Call in Wirklichkeit genauso wie in ihrem Amtszimmer. Das fühlt sich ein bisschen so an wie der Umstieg von der Postkutsche auf das Auto unter Belassung der bewährten Pferde. 

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Das Gesetz enthält zwar eine Reihe von Regelungen, die in der Tat teilweise grundlegende Änderungen im System des deutschen Registerwesens zur Folge haben werden. Insgesamt ist aber bereits jetzt zu konstatieren, dass es trotz aller bekennenden Offenheit und Transparenz noch einige Mussgriffe enthält, die kurzfristig behoben werden sollten.

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2. Wo wird beurkundet?

Die sich aus der Überschrift ergebende Frage sollte sich eigentlich erübrigen, wenn man denn schon online gründen kann. Hier steht einem zwar das World Wide Web zur Verfügung, aber eben nicht weltweit, sondern tatsächlich räumlich beschränkt.

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Zwar sind (beschränkte) Onlinebeurkundungen zukünftig zugelassen, zugleich wird aber jede Möglichkeit genutzt, deren Anwendungsbereich weiter einzuschränken. So wird – offen begründet allein mit dem Schutz des Notariatswesens – in § 10 a Abs. 3 Bundesnotarordnung ein räumlicher Bezug der Urkundsbeteiligten oder des Urkundsgegenstands zu dem Amtsbereich des Notars/der Notarin gefordert. Im Klartext bedeutet dies, dass zwar online beurkundet werden kann, dies aber tatsächlich nur dann, wenn sich z.B. der Sitz der Gesellschaft oder der Wohnsitz des Gesellschafters im Amtsbereich des Notars bzw. der Notarin befindet. Damit wird unnötigerweise das notarielle Amtsbereichsprinzip in die Online-Welt gerettet. Mit Blick auf die auch bei Online-Gründungen geltenden örtlichen Beschränkungen stellt sich die Frage, ob solche örtlichen Beschränkungen noch zeitgemäß sind. Warum sollten Gründer aus München die Online-Beurkundung nicht durch ein Notariat in Berlin erledigen lassen?2 Ob die Regelung rechtspolitisch sinnvoll ist, kann angesichts der Möglichkeiten, welche die ortsunabhängige Videokommunikation mit sich bringt, angezweifelt werden.3 Dies kommt einem Biotopschutz für Notare gleich.4

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3. Online-Gründung der GmbH

Zur Ermöglichung der Online-Gründung einer GmbH schafft das DiRUG die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation. Es bleibt allerdings bei Rahmenbedingungen. Vieles ist per Digitalisierung nicht zugelassen und einiges unklar geregelt.

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So kann man zwar eine GmbH digital gründen, viel mehr aber nicht. Diese Einschränkung beruht auf der Erwägung, dass das Online-Verfahren für die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung besonders geeignet sei. Für eine Vielzahl anderer Beurkundungsgegenstände, bei denen – wie etwa im Familien-, Erb- oder Immobilienrecht – andere Formzwecke im Vordergrund stehen, sei das Online-Verfahren jedoch weniger geeignet. Für diese Beurkundungsgegenstände bleibe das bewährte Präsenzverfahren daher die einzig zulässige Variante des Beurkundungsverfahrens. Soweit die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung einer Willenserklärung aus einer anderen Bestimmung als § 2 Abs. 3 GmbHG folgt, ist eine Beurkundung mittels Videokommunikation daher nicht zulässig, auch wenn ein Bezug zu der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 2 Abs. 3 GmbHG gegeben sei.5 Das ist nur schwer nachvollziehbar.

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Zu begrüßen ist, dass scheinbar zur Gründungs- bzw. Eintragungsbeschleunigung auf Musterprotokolle verwiesen wird. Für viele Gründer ist das Musterprotokoll sicherlich eine Möglichkeit, eine zügige Gründung durchzuführen und die Kosten der Gründung geringer zu halten. Allerdings sind diese Mustersatzungen auf die Gründung beschränkt. Zudem beschränken sich die Musterprotokolle auf die lediglich notwendigen Inhalte einer Satzung nach dem GmbHG. Dabei werden die in der täglichen Praxis so wichtigen Fragen zu Gesellschafterversammlungen, Formen und Fristen, Mehrheitsverhältnisse, Exitmöglichkeiten etc. außen vorgelassen. Zwar regelt das GmbHG vieles, aber einiges eben auch nicht. Die immer wieder gewollten, aber auch so gefährlichen Patt-Situationen bleiben bestehen. Es ist auch nicht Sinn und Zweck des vorliegenden Gesetzes, diese Ungleichheiten zu beseitigen.

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Aber auch einfachere Möglichkeiten, wie etwa die Erhöhung der Zahl der möglichen Gesellschafter sowie Geschäftsführer, sind in dem vereinfachten Verfahren nicht vorgesehen. Die zusätzliche Möglichkeit der Gründung mittels Videokommunikation kann gerade Gründungen mit Gesellschaften, die sich nicht am geplanten Satzungssitz befinden, erleichtern. Viele Gründer werden allerdings über keine qualifizierte elektronische Signatur verfügen und müssten sich die nötige Hard- und Software erst anschaffen. Immerhin bietet sich auch eine Online-Option für den Fall, dass die Gründungsurkunde vor der Eintragung geändert werden soll, z.B. dadurch, dass ein weiterer Gesellschafter noch während der Gründung hinzutritt und nicht erst aufschiebend bedingt mit der Eintragung der GmbH. Auch für alle anderen Änderungen des Gründungsprotokolls, die ihre Wirksamkeit sofort und vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erzielen sollen, ist das Online-Gründungsverfahren eröffnet. In der Praxis werden nicht selten noch in der Gründungsphase Satzungsbestandteile, wie etwa die Firma oder der Unternehmensgegenstand, beispielsweise aufgrund einer Forderung der IHK, angepasst.6 Gründungsurkunden sehen in aller Regel hierzu Vollmachten für einzelne Gesellschafter oder Notarangestellte vor. Dies wird auch unzweifelhaft bei der Online-Gründung sinnvoll sein. Wird dann von dieser Vollmacht Gebrauch gemacht, ist dies ebenfalls im Online-Verfahren möglich.

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In der Praxis wird zudem häufig der Zutritt weiterer Gesellschafter oder das Auswechseln der Gründungsgesellschafter aufschiebend bedingt auf die Handelsregistereintragung vorgenommen. In solchen Fällen ist das Verfahren der Online-Gründung eindeutig nicht gegeben. Dies gilt auch für alle anderen Änderungen, die erst mit der Eintragung der Gesellschaft Wirksamkeit erlangen sollen. In der Praxis werden häufig etwa Kapitalerhöhungsbeschlüsse aufschiebend bedingt auf die Eintragung beschlossen. Dies geschieht häufig vor dem Hintergrund, dass entweder die entsprechenden Beträge noch nicht bereitstehen, man aber die Gründung sofort herbeiführen will, oder aber auf bestimmte Bedingungen, unter denen eine derartige Kapitalaufbringung geschuldet ist, noch nicht eingetreten sind. Solche Kapitalmaßnahmen und alle anderen Änderungen, die nach der Eintragung Wirksamkeit erlangen sollen, müssen nach wie vor Präsenzverfahren durchgeführt werden.

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Es ist zu begrüßen, dass nunmehr auch die Sachkapitalerhöhung digital möglich sein soll, allerdings ist die Umsetzung wenig überzeugend. Gegen die Einbeziehung der Sachkapitalerhöhung gibt es viele Stimmen in der Literatur,7 die zwar die eigentliche Komplexität und Schwierigkeit einer Sachgründung beschreiben, nicht aber die Digitalisierung verhindern sollten. Die Halbherzigkeit einer elektronischen Sachgründung kommt darin zum Ausdruck, dass diese nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG ohnehin nur in Betracht kommt, „sofern andere Formvorschriften nicht entgegenstehen“. Damit ist gemeint, dass vor allem Grundstücke und GmbH-Geschäftsanteile in einem Online-Gründungsverfahren nicht eingebracht werden können, weil die beim Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts zu beachtenden Formvorschriften (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG) eine Präsenzbeurkundung zwingend voraussetzen. Gleiches gilt für die Durchführung einer Bargründung unter Vereinbarung eines Sachagios.8 Immerhin ist die Zulassung der Online-Beurkundung für den einstimmigen satzungsändernden Beschluss der GmbH-Gesellschafter vorgesehen. Diese Erweiterung ist durchaus konsequent, wenn man, dem Gedanken des Gesetzgebers folgend, will, dass bei einem derartigen virtuellen Beurkundungsverfahren die Gesellschafter – wie auch bei der GmbH-Gründung – prinzipiell einvernehmlich zusammenwirken und einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Konfliktträchtige Maßnahmen sollen dem gegenüber der Präsenzbeurkundung vorbehalten bleiben, weil Interessenkonflikte und kontroverse Positionen durch den Notar bei physischer Anwesenheit der Beteiligten effizienter aufgelöst werden können als im Wege einer Fernbeurkundung.

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Für die GmbH-Gründer dürfte es schwer zu begreifen sein, warum sie die Gesellschaft zwar online gründen dürfen, für eine Geschäftsanteilsveräußerung aber physisch beim Notar erscheinen müssen.9 Es ist unverständlich, dass gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen, insbesondere Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die bei wertungsmäßiger Betrachung den im Rahmen einer Bargründung beurkundeten Maßnahmen entsprechen, nach der Gründung nicht auch im Wege der Online-Beurkundung durchgeführt werden können.10

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Zahlreiche Probleme der GmbH-Gründung im Präsenzverfahren finden sich auch bei der Online-Gründung nach dem DiRUG wieder. Nicht selten wird das Online-Gründungsverfahren daran scheitern, dass die Beteiligten nicht über entsprechende Identifizierungsmittel verfügen und letztlich dann doch auf Vollmachten oder Präsenz beim Notar ausweichen müssen.11

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Die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen soll mittels Videokommunikation durch Notarinnen und Notare ermöglicht werden, wodurch auch die Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Einreichung von Urkunden und Informationen vollständig online erledigt werden können sollen.

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4. Regelungen zur Offenlegung von Registerinformationen

Das Gesetz will auch die Offenlegung von Registerinformationen beschleunigen. Bei der Offenlegung von Urkunden und Informationen darf es zukünftig nicht länger auf die Offenlegung in einem separaten Amtsblatt oder Portal ankommen. Die Umstellung des bisherigen Bekanntmachungswesens und der bisherigen Offenlegungsstruktur erfolgt dahingehend, dass es nicht länger einer separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal bedarf, sondern dass Eintragungen in den Registern zukünftig dadurch bekanntgemacht werden, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig online zum Abruf bereitgestellt werden.

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Zukünftig soll für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, generell auf die Erhebung von Abrufgebühren verzichtet werden, da die Richtlinie eine sehr umfassende kostenlose Zugänglichmachung von Registerinformationen über das europäische System der Registervernetzung erfordert. Aufgrund der Abschaffung von Abrufgebühren wird in Zukunft ein größerer Anreiz bestehen, in das jeweilige Register Einsicht zu nehmen. Dies ist gerade im Hinblick auf die Stärkung des Vertrauensschutzes im von den Einflüssen der Digitalisierung geprägten europäischen Binnenmarkt äußerst positiv zu bewerten.12 Allerdings sollen die Kosten für die Bereitstellung der Daten und Dokumente zukünftig durch Erhebung einer Bereitstellungsgebühr bei den in den Registern eingetragenen Rechtsträgern kompensiert werden, die mit der jeweiligen Eintragung in das Register oder der jeweiligen Entgegennahme von Dokumenten zum Register und gesondert zu den hierfür erhobenen Gebühren entstehen. Hierzu wird im Gebührenverzeichnis ein neuer Gebührentatbestand für die Bereitstellung von Registerdaten oder Dokumenten zum Abruf aus dem jeweiligen Register aufgenommen. Danach beträgt die Gebühr 1/3 der für die Eintragung oder Entgegennahme bestimmten Gebühr. Dies entspricht dabei dem Aufwand, der für die Bereitstellung zum Abruf regelmäßig entsteht.

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5. Identifizierung durch den Notar im Online-Verfahren

Damit der Notar seiner Gewährungsfunktion im Rahmen der Videokommunikation nachkommen kann, bedarf es elektronischer Identifizierungsmaßnahmen. Diese sollen nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs den Sicherheitsstandard „hoch“ erfüllen. Wichtig ist, dass die Identifizierung sicher, schnell und einfach läuft. Elektronische Identifizierungsmittel anderer Mitgliedstaaten der EU sollen ebenfalls zugelassen werden, wenn sie nach Artikel 6 eIDAS-VO anerkannt sind. Da elektronische Identifizierungsmittel beim Einsatz einer Geheimnummer bedürfen, stellt sich in Frage, inwieweit auch EU-ausländische Identifizierungsmittel geprüft werden können. Personen mit Identifizierungsmitteln aus Nicht-EU-Staaten haben folglich grundsätzlich nicht die Möglichkeit an diesem Identifizierungsverfahren teilzunehmen.

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Aber auch diese Lösung ist nur halbherzig. Es ist natürlich richtig, dass bei der Online-Gründung und Online-Einreichung von Dokumenten der Schutz vor Missbrauch besonders wichtig ist. Aber auch hier ist das vom Gesetzgeber gewählte Verfahren wie aus der Zeit gefallen. Es wird nur die Identifizierung durch den Notar/die Notarin mittels des aus dem Chip des Personalausweises ausgelesenen Lichtbildes erlaubt. Die Identifizierung mittels Videoident-Verfahren ist bei der Gründung nicht zugelassen, obwohl dies auch BaFin-tauglich ist und vom Gesetzgeber etwa bei der Identitätsprüfung nach dem Geldwäschegesetz und bei der Eröffnung eines Bankkontos ohne weiteres hinreichend sicher akzeptiert wird. Österreich etwa beurkundet digital vergleichbar mit dem einfachen Videoident-Verfahren.13 In der Gesetzesbegründung wird es abwertend nur als „heute zum Teil gebräuchlich“ bezeichnet und als fälschungsanfällig sowie „mit nicht abschätzbaren Sicherheitsrisiken behaftet“ abqualifiziert.

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Ob sich die „hohen“ Standards und die Exklusivität des von der Bundesnotarkammer betriebenen Videokommunikationssystems als tatsächlich so höherwertig erweisen, bleibt abzuwarten. Und auch hier findet man wieder Begründungen, die doch eher eine Digitalisierung ausschließen. Eine Substitution durch ein ausländisches Online-Verfahren soll nämlich auch dann ausscheiden, wenn das deutsche Recht ein Präsenzverfahren vorsieht. Ermögliche das deutsche Recht eine digitale Beurkundung, setzt eine Substitution weiterhin voraus, dass das ausländische Online-Verfahren eine vergleichbare (zweistufige) Identifizierung der Beteiligten vorsehe und dem hoheitlichen Charakter des Beurkundungsverfahrens Rechnung trägt. Im Ergebnis kommt es daher gar nicht auf ein Gleichwertigkeitskriterium der verschiedenen Videokommunikationssysteme an, weil eine ausländische Online-Sitzung schon dann unstatthaft ist, wenn das deutsche Recht für einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang ausschließlich eine Präsenzbeurkundung vorsieht.

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6. Verbesserter grenzüberschreitender Informationsaustausch über Zweigniederlassungen

Zukünftig sind im Handelsregister auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland einzutragen. Die Anmeldung und Eintragung von Zweigniederlassungen im Inland von einer Kapitalgesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaates der EWR unterliegt, wurden vereinfacht. Hintergrund dieser Regelung ist u.a. eine Umgehung der Bestellungshindernisse für disqualifizierte Geschäftsführer zu verhindern.14

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7. Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer

Das Gesetz bietet erstmalig Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen, d.h. Personen, die durch gerichtlichen Beschluss für einen bestimmten Zeitraum für ungeeignet erklärt worden sind, Geschäftsführer einer haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft zu sein. Die Einführung der Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder entspricht den Vorgaben in Art. 13 ff. Gesellschaftsrechtsrichtlinie.15 So soll zukünftig einerseits die Berücksichtigung inländischer Bestellungshindernisse für die Bestellung von Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern von Kapitalgesellschaften in anderen Mitgliedsstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR ermöglicht werden und andererseits spiegelbildlich in Deutschland die Berücksichtigung von ausländischen Bestellungshindernissen oder entsprechenden Informationen erleichtert werden. Hierzu wird der Umfang der materiellen Bestellungshindernisse angepasst, um ausländische Bestellungshindernisse aufgrund eines einschlägigen Berufs- und Gewerbeverbots in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR auch bei der Bestellung von GmbH-Geschäftsführern und Liquidatoren sowie von Vorstandsmitgliedern oder Abwicklern einer Aktiengesellschaft zu berücksichtigen. Derzeit führt Deutschland kein Register über ungeeignete Geschäftsführer.

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8. Vision / Fazit

Die Vision besteht darin, möglichst weite Teile des Gesellschaftsrechts zu beschleunigen. Der Notar sollte als „One-Stop-Shop“ unmittelbar nach der Beurkundung die entsprechenden Anmeldungen an die Gewerbeaufsicht, an Gründerportale, an Finanzbehörden etc. leisten können.16 Denkbar wäre zudem eine bessere Vernetzung mit weiteren öffentlichen Stellen, etwa bei einem Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei den zuständigen Finanzbehörden, bei der Mitteilung an die zuständige Berufsgenossenschaft, beim Antrag auf Erteilung einer Betriebsnummer bei der Bundesagentur für Arbeit oder bei der Gewerbeanzeige.17

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Es sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die die Digitalisierung ermöglicht und zusätzliche Funktionen eröffnet werden. So wäre es etwa sinnvoll, nicht nur die einzelnen Beteiligten per Audio-Video-Übertragung zuzuschalten, sondern auch das aktuell durch den Notar verlesene Dokument bei allen Nutzern einzublenden. Sollten während der Beurkundung Korrekturen erforderlich werden, könnten auch diese unmittelbar durch den Notar im Dokument vorgenommen werden, sodass diese zeitgleich für alle Beteiligten ersichtlich wären.18 Hierfür sind allerdings weitere Gesetzesänderungen erforderlich, aber auch zu fordern.

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Es wird abzuwarten sein, wie die Online-Bemühungen in der Praxis angenommen werden. In jedem Fall sollte der Gesetzgeber die Gelegenheit nutzen, die Online-Beurkundung auch bei anderen Beurkundungsgegenständen zuzulassen.19 Es wäre nur folgerichtig, jedenfalls sämtliche Beurkundungsgegenstände, die ohnehin qualitativ in der Online-Gründungsbeurkundung enthalten sind, auch nach der Gründung im Online-Verfahren erledigen zu können. Hierzu zählen insbesondere nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages der GmbH. Daneben wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die Online-Beurkundung noch für weitere Beurkundungsgegenstände bei der GmbH öffnen würde. Dies kann allerdings nur der Anfang sein.

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Die weitere Digitalisierung des Notariatswesens sollte nicht dem Schutz bestehender Strukturen dienen, sondern im Gegenteil sollten diese Bemühungen auch zur Reformierung des Notariatswesens insgesamt genutzt werden.

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1 Begr. RegE zum DiRUG, S. 130.

2 Keller/Schümmer, NZG 2021, 573, 578.

3 Linke, NZG 2021, 309.

4 So zutreffend Birkholz, Deutscher Anwaltsspiegel, Ausgabe 16/2021, S. 8.

5 Bgr. RegE zum DiRUG, S. 132.

6 Heckschen/Knaier, NZG 2021, 1093.

7 Drygala/Grobe, GmbHR 2020, 985, 989; Lieder, NZG 2018, 1081, 1085; Omlor, DStR 2019, 2544, 2549; für eine Ausdehnung zu einem späteren Zeitpunkt Bayer/Schmidt, BB 2019, 1922, 1923; J. Schmidt, ZIP 2021, 112, 113.

8 Bgr. RegE zum DiRUG, S. 23.

9 J. Schmidt, ZIP 2021, 112, 117.

10 Keller/Schümmer, NZG 2021, 573, 577; ähnlich auch Birkenfeld/Schäfer, BB 2019, 2626, 2632; Halder, NJOZ 2020, 1505, 1512.

11 Heckschen/Knaier, NZG 2021, 1093, 1100.

12 Hierzu Linke, NZG 2021, S. 309, 314.

13 Dazu näher Eichhorn, Digitalisierung im Gesellschaftsrecht, 2022, S. 126 f.; Schuster, RDi 2021, 496, Rn. 17

14 Begr. RegE DiRUG, S. 71.

15 Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 S. 46).

16 Heckschen/Knaier, NZG 2021, 1093, 1101.

17 Siehe hierzu auch Stelmaszczyk/Kienzle, ZIP 2021, 765, 774 f.

18 Keller/Schümmer, NZG 2021, 573, 577.

19 So auch Keller/Schümmer, NZG 2021, 573, 583.

 

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