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Zitiervorschlag: Bechtel, LRZ 2023, Rn. 62, [●], www.lrz.legal/2023Rn62.

Permanente Kurz-URL: LRZ.legal/2023Rn62

Die sog. „Maskendeals“, an denen Landtags- und Bundestagsabgeordnete beteiligt waren, haben für öffentliche Empörung gesorgt. (Korruptions-)Strafrechtliche Konsequenzen zogen sie freilich keine nach sich. Der nachfolgende Beitrag analysiert die strafrechtliche Beurteilung der Maskendeals und beleuchtet die dazu ergangene Entscheidung des BGH. Er begründet zudem, warum die fehlende Strafbarkeit des in Rede stehenden Abgeordnetenverhaltens (wie auch strukturell vergleichbarer Verhaltensweisen) unter Korruptionsgesichtspunkten keiner gesetzgeberischen Korrektur bedarf.

1. Einführung

Wenige Vorgänge auf der (bundes-)politischen Bühne haben die Gemüter hierzulande seit Beginn der Corona-Pandemie stärker erhitzt als die sogenannten Maskendeals. Dies will etwas heißen angesichts der zahlreichen Wendungen und Neueinschätzungen, zu denen sich Legislativ- und Exekutivorgane von Bund und Ländern gezwungen sahen und der daran – jeweils – anknüpfenden öffentlichen Kritik. Effektiven Gesundheitsschutz mit den (berechtigten) Interessen von Handel und Gewerbe, Kunst und Kultur usw. in Einklang zu bringen bzw. – abstrakter gewendet – dem freiheitlichen, sich in besonderer Weise im Gewährleistungsgehalt der Grundrechte manifestierenden Charakter unseres Gemeinwesens nur insoweit Einschränkungen aufzuerlegen, wie es zwingend notwendig ist, darin liegt eine Aufgabe, die konfliktbeladener kaum sein könnte. Wenn nun also in solchen Zeiten einzelne, im Hintergrund der großen politischen (Pandemiebekämpfungs-)Entscheidungen ablaufende Vorgänge innerhalb des Politikbetriebs für ein derart heftiges öffentliches Echo sorgen, wie es nach Bekanntwerden der Maskendeals der Fall war, muss es sich um Vorgänge handeln, die an das Rechtsempfinden eines breiten Teils der Bevölkerung rühren und in besonders eindrücklicher Weise die Frage nach der Grenzziehung zwischen „richtig“ und „falsch“ aufwerfen.

Rn62

Der BGH hat nunmehr bestätigt, dass jedenfalls in den Kategorien des Korruptionsstrafrechts kein „falsches“ Verhalten der Mandatsträger, die gezielt Kontakte zwischen Behörden und Anbietern von Schutzmasken vermittelt und dabei in Form erheblicher Provisionszahlungen profitiert hatten, attestiert werden könne.1 Bereits in den vorangegangenen OLG-Entscheidungen war angeklungen, dass dieser Rechtszustand unbefriedigend sei und nach einem Tätigwerden des Gesetzgebers verlange.2 Dabei handelt es sich um eine Einschätzung, die in der Fachöffentlichkeit nicht selten geteilt wird.3

Rn63

Im vorliegenden Beitrag soll zunächst der tatsächliche Hintergrund von OLG- und BGH-Entscheidungen skizziert (unter 2.), sodann die Rechtslage unter Einbindung der ergangenen Entscheidungen beleuchtet werden (unter 3.), um anschließend ein Schlaglicht auf die Frage zu werfen, ob im Hinblick auf die Abgeordnetenbestechung weiterer Handlungsbedarf aufseiten des Gesetzgebers besteht (unter 4.).

Rn64

2. Tatsächlicher Rahmen

Die als „Maskendeals“ bekannt gewordenen Vorgänge dürften den Lesern mehrheitlich vertraut sein, sollen aber hier – in aller Kürze – nochmals zusammengefasst werden:

Rn65

Zu Beginn der Corona-Pandemie fassten mehrere Unternehmer, unter ihnen der L, den Plan, „Schutzausrüstung zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie aus Asien einzuführen, um sie gewinnbringend an Bundes- und Landesbehörden zu verkaufen“4. Da L sowohl mit dem Bundestagsabgeordneten A als auch dem Abgeordneten des Bayerischen Landtages B persönlich bekannt war, trat er an diese mit dem Vorschlag heran, „gegen Entgelt ihre Autorität und ihren Einfluss als Mitglieder des Deutschen Bundestages bzw. des Bayerischen Landtages einzusetzen, damit die Behörden die Ware von L's Firmen oder mit diesen kooperierenden Unternehmen erwerben“5. Beide Mandatsträger waren einverstanden und kontaktierten Entscheidungsträger in den zuständigen Bundes- und Landesbehörden. Im Rahmen ihrer Korrespondenz mit den Behörden verwendeten A und B mitunter das Kürzel „MdB“ (Mitglied des Bundestages) bzw. „MdL“ (Mitglied des Landtages).6 Sie konnten so Kaufverträge über (FFP2- und FFP3-)Schutzmasken in Millionenhöhe vermitteln. A und B profitierten von den Geschäftsabschlüssen in Form von „Beratungshonoraren“7 bzw. einer „Provision“8 in Höhe von 660.000 €9 bzw. 1.243.000 €10, welche ihnen vonseiten der von L kontrollierten Firmen zugewendet wurden.

Rn66

3. Zur gegenwärtigen Rechtslage

Vor einer Hinwendung zu der hier maßgeblich interessierenden Vorschrift des § 108e StGB (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern) soll ein kurzer Überblick zu den Korruptionsdelikten des Strafgesetzbuches gegeben werden, um den hier relevanten Regelungsrahmen zu verdeutlichen.

Rn67

3.1. Grundsätzliches zum Korruptionsstrafrecht

Die wohl prominentesten Vorschriften aus dem Bereich des Korruptionsstrafrechts finden sich in den §§ 331 ff. StGB, die Vorteilsnahme und -gewährung (§§ 331, 333 StGB) sowie Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 332, 334 StGB) zum Gegenstand haben. Bereits die Verortung der Vorschriften im 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches, der mit „Straftaten im Amt“ überschrieben ist, lässt eine Beschränkung des tauglichen Täterkreises erkennen: Sowohl der Tatbestand der Vorteilsnahme als auch der Tatbestand der Bestechlichkeit setzen voraus, dass ein Amtsträger – im Gegenzug für seine Dienstausübung (§ 331 StGB) bzw. die (künftige) Vornahme einer pflichtwidrigen Diensthandlung (§ 332 StGB) – einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die spiegelbildlichen Tatbestände der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB) setzen eine Amtsträgereigenschaft auf Täterseite nicht voraus, sind aber eingedenk des Sachzusammenhangs gleichfalls im 30. Abschnitt geregelt.11 Mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit von Mandatsträgern, welche auf Empfängerseite stehen und deren Verhalten daher strukturell als Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit zu werten sein könnte, ist freilich zu attestieren, dass Mandatsträger gerade keine Amtsträger (i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sind.12 Die Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Mandatsträgern und Amtsträgern sind vielfältig und können im Rahmen dieses Beitrages nur gestreift werden.13

Rn68

Auch die §§ 299 ff. StGB, die mit der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) sowie der Bestechlichkeit respektive Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299a und § 299b StGB) weitere Tatbestände zur Bekämpfung der Korruption vorsehen, sind mit Blick auf Mandatsträger nicht einschlägig.

Rn69

Soweit Mandatsträger sich Vorteile versprechen lassen, einfordern oder annehmen, ist die Strafbarkeit des Verhaltens (unter dem Gesichtspunkt der Korruption) ausschließlich an der im Abschnitt über „Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen“ verborgenen Vorschrift der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e StGB) zu messen, deren Gehalt im Folgenden eingehender beleuchtet werden soll:

Rn70

3.2. Zum Tatbestand des § 108e StGB

Was die tatbestandliche Ausgestaltung betrifft, existiert die Vorschrift des § 108e StGB in ihrer heutigen Form seit dem Jahr 2014 (Inkrafttreten am 01.09.2014).14 Eine Änderung erfuhr sie erst unlängst – in Reaktion auf die Maskendeals – auf Rechtsfolgenseite: Dem Mandatsträger (wie auch dem Zuwendenden, dessen Verhalten in Abs. 2 der Vorschrift mit Strafe bedroht ist) droht nun eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und zehn Jahren, während für den minder schweren Fall immerhin noch eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu verzeichnen ist.15 Dies bedeutet eine erhebliche Anhebung gegenüber der zuvor bestehenden Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) und stuft das Delikt vom Vergehen zum Verbrechen hoch (vgl. § 12 StGB). Zum besseren Verständnis sei der für das Verhalten der Abgeordneten relevante Abs. 1 der Vorschrift an dieser Stelle wiedergegeben:

  • 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern
Rn71

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(…)

Rn72

3.2.1. Grundsätzliches und Stimmungsbild im Schrifttum

Die Vorschrift des § 108e StGB sah sich insbesondere im Vorfeld der Reform des Jahres 2014 erheblicher Kritik ausgesetzt: Unter Strafe gestellt war bis dahin nämlich nur das Unternehmen, „für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen“ (Herv. d. Verf.). Damit war der Gegenstand unlauterer Einflussnahme auf Wahl- und Abstimmungshandlungen in Parlamenten bzw. Volksvertretungen begrenzt (sog. Stimmenkauf), was in weiten Teilen der Literatur als zu eng kritisiert wurde.16 Nach der Neufassung des Tatbestandes, insbesondere der Erstreckung des den Gegenstand der Beeinflussung bildenden Verhaltens auf Handlungen bzw. Unterlassungen „bei der Wahrnehmung des Mandats“, zeigte man sich einigermaßen versöhnt.17 Eine Renaissance erlebte die Kritik sodann nach Bekanntwerden der Maskendeals – die Vorschrift sei noch immer zu eng gefasst und lasse strafwürdiges Verhalten straflos.18 Darüber, dass das hier interessierende Verhalten der Mandatsträger nach geltendem Recht unter dem Gesichtspunkt der Korruption straflos ist, besteht überwiegend Einigkeit.19 Bereits vor Bekanntwerden der Vorgänge rund um die Beschaffung von Schutzmasken wurde das Merkmal „bei der Wahrnehmung des Mandats“ als Einschränkung dahingehend interpretiert, dass das den Bezugspunkt der Beeinflussung darstellende Verhalten nur ein solches sein kann, welches sich als parlamentarische Tätigkeit im Sinne einer Wahrnehmung legislativer Aufgaben darstellt.20 Dies ist nicht zu verstehen als eine Beschränkung des Tatbestandes auf die Beeinflussung von Abstimmungen im Plenum. Vielmehr wird auch die – zur parlamentarischen Willensbildung unerlässliche – Arbeit in Ausschüssen oder sonstigen parlamentarischen Gremien erfasst.21 Wo ein Verhalten die Sphäre parlamentarischer Willensbildungsprozesse aber verlässt, sich mithin allenfalls als Verhalten (nur) „im Zusammenhang mit der Mandatsausübung“22 erweist, wurde und wird eine Anwendbarkeit des Tatbestandes ganz überwiegend abgelehnt.

Rn73

3.2.2. Aktuelle Bewertung durch die Gerichte

In den anlässlich der in Rede stehenden Vorgänge ergangenen OLG-Entscheidungen wie auch in einer BGH-Entscheidung wurde die (ganz herrschende) Rechtsauffassung bestätigt, wonach dem Ausnutzen der Stellung als Mitglied einer Volksvertretung zur Beeinflussung eines in fremder Zuständigkeit liegenden Vorgangs der Bezug zur Mandatsausübung fehle, mithin das Fruchtbarmachen von Autorität und/oder Kontakten nicht „bei der Wahrnehmung des Mandats“ i.S.d. Vorschrift erfolge.23

Rn74
3.2.2.1. Prozessualer Rahmen

Der prozessuale Rahmen der in Bezug genommenen Entscheidungen ist insoweit interessant, als die Gerichte ihre Rechtsauffassung(en) im Rahmen von Beschwerdeentscheidungen begründeten. So sahen sich gleich mehrere Senate des OLG München mit Beschwerden – u.a. der hier im Mittelpunkt des Interesses stehenden Mandatsträger – gegenüber ermittlungsrichterlichen Durchsuchungsbeschlüssen wie auch (jeweils) einen Vermögensarrest anordnenden Beschlüssen konfrontiert. Die daraufhin ergangenen OLG-Entscheidungen, in denen – in Ermangelung bereits eines Anfangsverdachts – jeweils die Anordnung des Vermögensarrests aufgehoben wurde, wurden wiederum von der Bayerischen Generalstaatsanwaltschaft durch weitere Beschwerden angegriffen. Dies führte zur Befassung durch den BGH, der die – zur Verneinung eines Anfangsverdachts führende – Rechtsauffassung der OLG-Senate bestätigte, mithin die (weiteren) Beschwerden der Bayerischen Generalstaatsanwaltschaft gegen die (Aufhebungs-)Beschlüsse verwarf.24

Rn75

Die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für die Beschwerdeentscheidungen ergibt sich dabei aus § 120b S. 2 i.V.m. § 120 Abs. 3 S. 2 GVG. Dies erklärt sich wiederum daraus, dass gemäß § 120b S. 1 GVG in Fällen des § 108e StGB die erstinstanzliche Zuständigkeit (für die Verhandlung und Entscheidung) bei den Oberlandesgerichten liegt und nach Maßgabe des § 169 Abs. 1 S. 1 StPO eine Zuständigkeit (auch) des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts besteht.25 Die Anfechtbarkeit der Beschwerdeentscheidungen der Oberlandesgerichte im Wege der weiteren Beschwerde ist unter den – hier einschlägigen – Voraussetzungen des § 310 Abs. 1 StPO gegeben. Die Zuständigkeit des BGH für die Entscheidung über die weitere Beschwerde ergibt sich schließlich aus § 135 Abs. 2 Nr. 1 GVG.

Rn76
3.2.2.2. Inhaltliche Befassung

BGH und OLG-Senate begründen ihre Rechtsauffassung – wohl auch eingedenk des enormen öffentlichen Interesses, welches den Ermittlungsverfahren entgegengebracht wurde – in einiger Ausführlichkeit. Ganz so, wie es auch von Studierenden im Rahmen von Klausuren und Hausarbeiten erwartet wird, werden die „klassischen“ Auslegungsmethoden herangezogen, um den Anwendungsbereich der Vorschrift zu bestimmen.

Rn77
3.2.2.2.1. Wortlaut

Wenn § 108e StGB verlangt, Bezugspunkt der (versuchten) Einflussnahme müsse ein Handeln „bei der Wahrnehmung des Mandats“ sein, so kommt der Frage, welche Inhalt der Mandatsbegriff im Rahmen des Strafgesetzbuches hat, entscheidende Bedeutung zu. Eingedenk der verfassungs- und staatsrechtlichen Verwurzelung des Begriffs wendet sich der BGH dem Begriffsverständnis im Rahmen des Verfassungsrechts und damit Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zu.26 Obschon der Begriff des „Mandats“ weder dort noch an anderer Stelle des Grundgesetzes auftaucht, herrscht Einigkeit dahingehend, dass Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG das freie Mandat zum Gegenstand hat und die (Mandats-)Tätigkeit des Abgeordneten unter einen besonderen Schutz stellt.27 Vom Schutz des freien Mandats umfasst ist die gesamte parlamentarische Tätigkeit des Abgeordneten, mithin auch sein Wirken in den Ausschüssen, Gremien und Fraktionen.28 Dass Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zudem „den Schutz der Kommunikationsbeziehung zwischen den Abgeordneten und den Wählerinnen und Wählern vor gezielter staatlicher Beeinflussung und staatlicher Abschreckung voraussetzt“29, mithin (geschützte) Mandatsausübung auch in der Kontaktaufnahme zu außenstehenden Dritten liegen kann, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass jeglicher Kommunikationsprozess eines Abgeordneten mit Außenstehenden zur Mandatsausübung zählt. Der besondere Schutz der Kommunikation zwischen Abgeordneten und Wählern ist in einer repräsentativen Demokratie der Stellung des Abgeordneten als Bindeglied zwischen (Wahl-)Bevölkerung und Parlament geschuldet; um der Repräsentationsaufgabe gerecht werden zu können, ist die „Vermittlung von Informationsströmen in doppelter Richtung“ erforderlich, sodass die Kontaktaufnahme und das Kontakthalten mit Partei, Verbänden und (Wahlkreis-)Bürgern „zu den Hauptaufgaben des Mandats“ gehört.30

Rn78

Damit ist der Schutz spezifischer – infolge der Repräsentationsfunktion denknotwendig auf den parlamentarischen Prozess zurückwirkender – Kommunikationsprozesse begründet. In keiner Weise lässt sich daraus ableiten, dass ein Abgeordneter stets sein Mandat ausübt, wenn er – und sei es unter Herausstellung seines Abgeordnetenstatus‘ – Kontakt zu Behörden oder Unternehmen aufnimmt. Kurzum: Dem Verfassungsrecht liegt ein Mandatsbegriff zugrunde, der auf parlamentarische Tätigkeiten i.e.S. wie auch die Wahrnehmung der Mittlerfunktion zwischen (Wahl-)Bevölkerung und Parlament zielt. Da die Kontaktaufnahme mit Behörden zum Zwecke der Vermittlung von Verträgen mit (Privat-)Unternehmen weder das eine noch das andere ist, spricht die – vom BGH unternommene – verfassungsrechtlich orientierte Wortlautauslegung gegen ein weites Begriffsverständnis im Rahmen des § 108e StGB und damit gegen eine Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens der Mandatsträger.

Rn79

Die zuvor mit der Sache befassten OLG-Senate vermochten der Wortlautauslegung mehrheitlich kein ebensolches Gewicht zuzuerkennen und attestierten nur, der Wortlaut könne zwar „ohne sprachliche Probleme als ‚ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen‘ interpretiert werden“, lasse jedoch „auch eine weiter gehende Interpretation zu“31. Der 6. Strafsenat argumentiert dabei seinerseits mit dem verfassungsrechtlichen Verständnis der Mandatsausübung und gelangt ausgehend davon zur Vorschrift des § 12 Abs. 3 S. 1 AbgG, die dem Abgeordneten einen Ersatzanspruch für „Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern zur Unterstützung bei der Erledigung seiner parlamentarischen Arbeit“ zubilligt. Ohne einen Beleg anzuführen, hält der Senat sodann fest, zur „parlamentarischen Arbeit“ im Sinne der Vorschrift zählten auch „außerparlamentarische Tätigkeiten wie die Interessenvertretung von Bürgern gegenüber öffentlichen Stellen“, weshalb sich „eine einfachgesetzliche Einschränkung des verfassungsrechtlichen Mandatsbegriffs (…) aus § 12 Abs. 3 S. 1 AbgG nicht“ ergebe.32 Unabhängig davon, ob die vom Senat vorgenommene Auslegung des § 12 Abs. 3 S. 1 AbgG überzeugt, wird – auch insoweit begründungslos – vorausgesetzt, dass der verfassungsrechtliche Mandatsbegriff ein weiter(er) sei, was sich unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts freilich nicht aufdrängt.33

Rn80
3.2.2.2.2. Systematik

Nun mag man den Wortlaut für sich genommen, insbesondere sofern man einer „verfassungsnahen“ Lesart des Begriffs nicht zu folgen vermag bzw. (auch) den von der Verfassung vorgegebenen Begriffsinhalt weiter fasst, für nicht weiterführend halten, was den Blick auf die Gesetzessystematik lenkt. Dabei beschäftigt sich der BGH weniger mit der Verortung der Vorschrift im Vierten Abschnitt des Besonderen Teils („Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen“) als mit dem Verhältnis der Vorschrift zu sonstigen Tatbeständen aus dem Bereich des Korruptionsstrafrechts.34 Zunächst erfolgt eine Bezugnahme auf die eher „exotischere“ Vorschrift des Art. 2 § 2 IntBestG, nach der die (versuchte) Einflussnahme auf Mitglieder von Gesetzgebungsorganen ausländischer Staaten oder auf Mitglieder der parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation unter der Voraussetzung strafbar ist, dass Bezugspunkt der Einflussnahme die (künftige) Vornahme einer „mit seinem Mandat oder seinen Aufgaben zusammenhängenden Handlung oder Unterlassung“ ist. Die gegenüber § 108e StGB weitere Formulierung dient damit als Argument für ein engeres Verständnis der Mandatsausübung im Rahmen des § 108e StGB.35

Rn81

Naheliegender ist da schon der Vergleich zur Auslegung der „Dienstausübung“ bzw. „Diensthandlung“ im Rahmen der §§ 331 ff. StGB.36 Der BGH erkennt ausdrücklich an, dass diesbezüglich eine weite Auslegung i.S.d. Genügens bereits eines „funktionalen Zusammenhangs mit dem Aufgabenkreis des Amtsträgers“ Anwendung findet.37 Dass dies nicht zwingend für eine (ebenfalls) weite Auslegung der Mandatsausübung im Rahmen des § 108e StGB spricht, begründet der BGH mit der Verschiedenheit der Tätigkeit von Amtsträgern und Abgeordneten. Während für einen Amtsträger ein positiver Katalog an Dienstpflichten bestehe, der Anknüpfungspunkt versuchter Einflussnahmen sein könne, sei die Tätigkeit eines Abgeordneten nicht in gleicher Weise eingrenzbar.38

Rn82

Schließlich könnten auch (gleichfalls der Korruptionsbekämpfung dienende) Vorschriften des Abgeordnetengesetzes – namentlich § 44a AbgG – keinen weitergehenden Anwendungsbereich der Strafnorm des § 108e StGB begründen.39

Rn83

Dass diese systematischen Erwägungen (im weiteren Sinne) nur bedingt ein enges Begriffsverständnis im Rahmen des § 108e StGB zu begründen vermögen, erkennt der BGH selbst, wenn er insoweit feststellt, der systematische Vergleich „steht dem engeren Begriffsverständnis jedenfalls nicht entgegen“40.

Rn84

Die vom BGH vernachlässigte Verortung des § 108e StGB gerade im Vierten Abschnitt des Besonderen Teils wurde auf OLG-Ebene – zu Recht – als eigenständiger systematischer Gesichtspunkt gewürdigt, indem dort auf die „systematische Ferne“ der Vorschrift zu den „eigentlich artverwandten Vorschriften im Dreißigsten Abschnitt“ (gemeint sind die §§ 331 ff. StGB) hingewiesen und daraus die Möglichkeit eigenständiger (enger) Auslegung der Mandatswahrnehmung gegenüber der Dienstausübung bzw. Diensthandlung abgeleitet wurde.41 Das weitere Argument, der Titel des Vierten Abschnitts des Besonderen Teils („Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen“; Herv. d. Verf.) spreche „eher für eine Eingrenzung der Gegenleistung des Abgeordneten auf Handlungen mit Parlamentsbezug als dagegen“42, hat demgegenüber wenig Gewicht: Der den Geltungsbereich der §§ 107 bis 108c StGB regelnde – auf OLG-Ebene außen vor gelassene – § 108d StGB spricht nämlich ausdrücklich von „Wahlen und Abstimmungen“ und stellt damit eine Verbindung der Begrifflichkeiten nur zu den den Wahlvorgang betreffenden Strafvorschriften her, nicht aber zur Vorschrift des § 108e StGB. Eine Fruchtbarmachung der Abschnittsüberschrift für das „Anhängsel“ des § 108e StGB überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.

Rn85
3.2.2.2.3. (Gesetzes-)Historie

Historisch auszulegen, bedeutet in erster Linie, den Willen des historischen Gesetzgebers zu erforschen, was eine Heranziehung der Gesetzgebungsmaterialen notwendig macht. Mag man diese Herangehensweise – gerade gegenüber der Erforschung des (unmittelbar) in der Vorschrift zum Ausdruck kommenden „objektiven Gesetzeswillen“43 – auch kritisch sehen44, wird man den (Ziel-)Vorstellungen des Gesetzgebers jedenfalls dann erhebliches Gewicht beimessen müssen, wenn die in Rede stehende Vorschrift erst in jüngerer Vergangenheit geschaffen respektive reformiert wurde und sich die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse seitdem nicht grundlegend gewandelt haben.45 Genau so liegt es aber bei § 108e StGB, der – wie bereits skizziert46 – in seiner heutigen Form seit 2014 besteht, wobei ein die (damaligen) gesetzgeberischen (Ziel-)Vorstellungen überholender gesellschaftlicher Wandel nicht ersichtlich ist. M.a.W.: Was der Gesetzgeber des Jahres 2014 mit der Reform des Tatbestandes bezweckte, ist auch für die Auslegung der Strafnorm im Jahr 2022 von erheblicher Bedeutung. Dass der letztlich ermittelte gesetzgeberische Wille immer mit dem Wortlaut der Norm in Einklang zu bringen sein muss, versteht sich von selbst; auch noch so exakt herausgearbeitete gesetzgeberische (Ziel-)Vorstellungen mögen die Geltung der Wortlautgrenze nicht in Wegfall zu bringen.47

Rn86

BGH und OLG-Senate konnten auf eine Fülle an Material zurückgreifen, welches den Willen des Gesetzgebers letztlich in großer Klarheit zum Ausdruck bringt48:

Rn87

So heißt es in dem von den damaligen Regierungsfraktionen (CDU/CSU und SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zum Merkmal „bei der Wahrnehmung des Mandats“: „Erfasst sind sämtliche Tätigkeiten in den Parlaments- und Fraktionsgremien, also Tätigkeiten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Bundestagsausschüssen und den Arbeitskreisen der Arbeitsgruppen der Faktionen. Erfasst sind auch Tätigkeiten in Gremien, die der Bundestag ganz oder teilweise besetzt und die parlamentarische Aufgaben wahrnehmen, wie z.B. Vermittlungsausschuss, Gemeinsamer Ausschuss oder Richterwahlausschuss. Nicht erfasst sind Verhaltensweisen, die der Mandatsträger als Mitglied eines parteiinternen Gremiums oder im Rahmen einer Nebentätigkeit vollzieht.“49 Damit wird zwar der vorliegend im Zentrum des Interesses stehende Fall des Fruchtbarmachens der Autorität und der Beziehungen eines Abgeordneten außerhalb der eigentlichen Parlamentsarbeit nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Indes lässt sich aus dem positiv zugedachten Anwendungsbereich („Tätigkeiten in den Parlaments- und Fraktionsgremien“ sowie in „Gremien, die … parlamentarische Aufgaben wahrnehmen“) die Notwendigkeit eines (Rück-)Bezugs der Tätigkeit zur Parlamentsarbeit erkennen, was bei der Vertragsvermittlung zwischen Unternehmen und Behörden nicht erkennbar ist.50

Rn88

Gestützt wird diese Lesart durch einen die Reform des § 108e StGB bezweckenden Gesetzentwurf der – wenig später als Regierungspartei den vorstehend behandelten Entwurf (mit-)verantwortenden – SPD-Fraktion bereits aus dem Jahre 2012, in welchem das Merkmal „bei der Wahrnehmung des Mandats“ ebenfalls enthalten war und wo es mit Blick auf nicht erfasste Verhaltensweisen ausdrücklich heißt: „Auch dann, wenn er lediglich seine ,Autorität‘ als Mandatsträger dazu einsetzt, Verwaltungsabläufe in seinem Wahlkreis zu beeinflussen, handelt er nicht mehr ‚bei Wahrnehmung seines Mandates‘“.51 Hier wird also der Einsatz der Autorität außerhalb der parlamentarischen Tätigkeit ausdrücklich als nicht erfasste Verhaltensweise genannt.

Rn89

Die vom Rechtsausschuss auf den Regierungsentwurf aus dem Jahre 2014 vorgelegte Beschlussempfehlung stellt schließlich – in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem Entwurf der SPD-Fraktion aus dem Jahre 2012 – klar: „Nicht erfasst dagegen sind Tätigkeiten außerhalb der durch das Mandat begründeten Zuständigkeiten, etwa wenn lediglich die Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen.“52 Ein eben solches Verhalten ist im Rahmen des sog. Maskendeals aber Gegenstand des Vorwurfs, womit es dem (Negativ-)Katalog nicht erfasster Tätigkeiten unterfällt und daher nach Maßgabe des aufseiten des Gesetzgebers Gewollten kein tatbestandsbegründendes Verhalten sein kann.

Rn90

Schließlich ist die internationale Dimension der Reform des Jahres 2014 zu berücksichtigen. Immerhin diente die Neufassung des Tatbestandes auch der Umsetzung internationaler Vorgaben, namentlich dem Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption vom 27.01.1999 (ER-Übk) und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31.10.2003 (UN-Übk).53 Art. 4 i.V.m. Art. 3 ER-Übk54 verpflichtet jede Vertragspartei, eine Strafvorschrift für den Fall vorzusehen, dass „ein Mitglied einer inländischen öffentlich-rechtlichen Vertretungskörperschaft“ einen „ungerechtfertigten Vorteil“ für sich oder einen Dritten (unmittelbar oder mittelbar) fordert, annimmt oder das Angebot oder Versprechen eines solchen Vorteils annimmt „als Gegenleistung dafür, dass er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben eine Handlung vornimmt oder unterlässt“. Art. 15 lit. b i.V.m. Art. 2 lit. a Nr. i UN-Übk55 hat einen ähnlichen Inhalt, wenn es heißt, unter Strafe zu stellen sei „die unmittelbare oder mittelbare Forderung oder Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils durch einen Amtsträger56 für sich selbst oder für eine andere Person oder Stelle als Gegenleistung dafür, dass er in Ausübung seiner Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“. Völlig zu Recht stellt der BGH in Auseinandersetzung mit der Frage, ob die „völkervertragsrechtlichen Anforderungen“ eine die außerparlamentarische Tätigkeit des Abgeordneten einbeziehende Auslegung des § 108e StGB gebieten, fest, dass die „wenig präzisen Vorgaben der Übereinkommen zu den Tathandlungen“ eine Konkretisierung durch den nationalen Gesetzgeber erlauben.57 Genauer: Der Begriff der „Aufgaben“ (vgl. Art. 3 ER-Übk) bzw. der „Dienstpflichten“ (vgl. Art. 15 lit. b UN-Übk) ist derart pauschal, dass der nationale Gesetzgeber, will er eine hinreichend bestimmte Strafnorm schaffen, eine Feinjustierung leisten muss.

Rn91

Soweit die Übereinkommen die Pönalisierung der sog. missbräuchlichen Einflussnahme – i.S.d. Entgegennahme einer Zuwendung als Gegenleistung für die Geltendmachung eines Einflusses auf einen Amtsträger – vorsehen (vgl. Art. 12 ER-Übk sowie Art. 18 UN-Übk), ist zu sehen, dass der nationale Gesetzgeber von einem vertraglich eingeräumten Nichtumsetzungsvorbehalt Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu Art. 37 ER-Übk)58 bzw. das Übereinkommen insoweit keine verbindliche Vorgabe, sondern lediglich eine Anregung an die Vertragsstaaten enthält59 (vgl. Art. 18 UN-Übk: „Jeder Vertragsstaat zieht in Erwägung …“; Herv. d. Verf.).60 Dass dem unter die missbräuchliche Einflussnahme gefassten Verhalten eine dem deutschen Korruptionsstrafrecht fremde „dreiseitige Personenkonstellation“ (Zuwendender – Entgegennehmender – Beeinflusster) zugrunde liegt61, stellt nicht die einzige Herausforderung bei der (potentiellen) Konzeption eines entsprechenden Straftatbestandes dar.62

Rn92
3.2.2.2.4. Sinn und Zweck

Eine am Schutzgut der Vorschrift orientierte Auslegung sieht sich zunächst mit der Frage konfrontiert, welches Rechtsgut hinter § 108e StGB steht. Das Meinungsbild im Schrifttum lässt sich schwerlich strukturieren, nachdem die gewählten Umschreibungen differieren und in der Regel ein Nebeneinander unterschiedlicher Schutzzwecke angenommen wird.63 Wohl mehrheitlich wird davon ausgegangen, dass die Vorschrift (auch) das öffentliche Interesse an der Integrität parlamentarischer Prozesse wie auch an der Sachbezogenheit parlamentarischer Entscheidungen schützt.64 Ob dazu noch der Schutz des „öffentlichen Vertrauens in die Unkäuflichkeit der Mandatsausübung“65 oder gar der freien Ausübung des Mandats66 tritt, ist hingegen umstritten.

Rn93

Hintergrund der Debatte um den Schutzzweck ist auch und insbesondere die diesbezügliche Einschätzung des Gesetzgebers, der als „geschütztes Rechtsgut“ das „öffentliche Interesse an der Integrität parlamentarischer Prozesse und der Unabhängig der Mandatsausübung sowie der Sachbezogenheit parlamentarischer Entscheidungen“ benennt67, zudem aber davon spricht, dass „mit dem Straftatbestand (…) die freie Ausübung des Mandats des Abgeordneten geschützt werden“ solle68.

Rn94

Soweit der Schutzzweck in der Integrität parlamentarischer Prozesse bzw. der Sachlichkeit parlamentarischer Entscheidungen gesehen wird, ist die Notwendigkeit eines Bezugs zu einem legislativen Handeln in der Schutzzweckbestimmung selbst angelegt69. Soweit das öffentliche Vertrauen in die Unkäuflichkeit der Mandatsausübung oder gar die freie Mandatsausübung selbst als Schutzgüter ausgemacht werden, hängt der Umfang erfasster Tätigkeiten wiederum vom Mandatsbegriff ab.70 Dem hier (in Übereinstimmung mit dem BGH) insoweit für maßgeblich erachteten Verfassungsrecht liegt ein Mandatsbegriff zugrunde, der auf parlamentarische Tätigkeiten i.e.S. wie auch die Wahrnehmung der Mittlerfunktion zwischen (Wahl-)Bevölkerung und Parlament zielt.71 Damit lässt sich aber selbst bei einem unterstellten Schutz des öffentlichen Vertrauens in die Unkäuflichkeit der Mandatsausübung respektive der freien Mandatsausübung keine Einbeziehung außerparlamentarischer Vermittlungsvorgänge unter Einsatz der Autorität bzw. der Kontakte eines Abgeordneten begründen.

Rn95
3.2.2.2.5. Befund

Während für den BGH bereits die Wortlautauslegung– überzeugend – zu einem engen, auf parlamentarische Vorgänge beschränkten Verständnis des Merkmals „bei der Wahrnehmung des Mandats“ führt, zeigte man sich auf OLG-Ebene insoweit deutlich zurückhaltender. Unter systematischen Gesichtspunkten lassen sich zwingende Argumente für oder wider eine enge Auslegung sodann schwerlich finden; insbesondere die Überschrift des Vierten Abschnitts des Besonderen Teils gibt hier – anders als auf OLG-Ebene mitunter angenommen – keine Hilfestellung. Im Ergebnis besteht zwischen OLG-Senaten und BGH sodann aber Einigkeit, dass der – aus den Drucksachen der 17. und 18. Legislaturperiode hervorgehende – gesetzgeberische Wille eindeutig dahin geht, außerparlamentarische Vorgänge vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen. Die von der Ermittlung des gesetzgeberischen Willens nicht immer eindeutig abzukoppelnde schutzzweckorientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis, weist aber partiell – mit Blick auf das potentielle Schutzgut der freien Mandatsausübung – auf die ihrerseits umstrittene Frage nach dem Inhalt des Mandatsbegriffs zurück.

Rn96

Als entscheidender Gesichtspunkt, hinter dem sich sämtliche mit der Sache befassten OLG-Senate wie auch der BGH versammeln konnten, ist damit der Wille des (historischen) Gesetzgebers ausgemacht. Dieser kann hier deshalb mit vollem Gewicht berücksichtigt werden, weil das den Gegenstand des Interesses darstellende Gesetzgebungsverfahren erst wenige Jahre zurück liegt und sich die zugrunde liegenden Verhältnisse seitdem nicht grundlegend gewandelt haben. Dass zudem die Grundbedingung der Fruchtbarmachung (subjektiv-)historischer Erwägungen – die Vereinbarkeit des ermittelten gesetzgeberischen Willens mit dem (objektiven) Wortlaut – gegeben ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Rn97

4. Reformbedarf?

In der Beschwerdeentscheidung des BGH findet sich am Ende der rechtlichen Ausführungen zur Reichweite des § 108e StGB der Hinweis, dass „die hier zu beurteilenden Handlungen ähnlich strafwürdig erscheinen mögen wie das pönalisierte Verhalten“, es jedoch allein Sache des Gesetzgebers sei, über das Bestehen einer Strafbarkeitslücke und (bejahendenfalls) den Umgang mit dieser zu befinden.72 Deutlich forscher zeigte sich zuvor der 8. Strafsenat des OLG München, der die ihm auferlegte Bindung an die gegenwärtige Gesetzesfassung derart umschreibt, dass „es dem Senat als Teil der Judikative verwehrt ist, das dem Beschuldigten vorzuwerfende Verhalten unter die Strafnorm des § 108e Abs. 1 StGB zu subsumieren“73. Mehr noch: der Senat habe es „aufgrund der Gewaltenteilung hinzunehmen, dass die Vorstellung des Deutschen Bundestages über die Strafwürdigkeit gewisser Verhaltensweisen seiner Mitglieder (und der Mitglieder der Länder- und Kommunalparlamente) von der Auffassung der internationalen Normgeber substanziell abweicht, auch wenn die diesbezüglichen Erwägungen des deutschen Gesetzgebers, dass es keinen Anlass gebe, die missbräuchliche Einflussnahme unter Strafe zu stellen (…) und dass ein Bedürfnis für eine derart weitgehende Bestrafung dritter Personen bislang nicht aufgetreten sei (…), vor dem Hintergrund des vorliegenden Falls zweifelhaft erscheinen dürfte“74. Der Senat erscheint geradezu erzürnt über die Passivität des nationalen Gesetzgebers und mahnt eine stärkere Orientierung an den „internationalen Normgebern“ an. In Bezug genommen sind damit wiederum die Vorgaben aus ER-Übk und UN-Übk, insbesondere die Sanktionierung der missbräuchlichen Einflussnahme.75

Rn98

4.1. Die missbräuchliche Einflussnahme als neuer Straftatbestand

Damit ist bereits eine mögliche „Lösung“ im Umgang mit Verhaltensweisen, wie sie von den in die Maskendeals verstrickten Abgeordneten an den Tag gelegt wurden, angesprochen: die Schaffung eines Straftatbestandes der missbräuchlichen Einflussnahme (in Umsetzung der Vorgaben aus ER-Übk und UN-Übk). Doch erzeugt dabei nicht nur die dem deutschen Korruptionsstrafrecht ansonsten fremde „dreiseitige Personenkonstellation“76 ein Störgefühl. So hat unlängst Kuhlen die mit der Schaffung eines solchen Tatbestands einhergehenden Probleme herausgearbeitet:77 Zum einen bleibt unklar, wann eine Einflussnahme „missbräuchlich“ ist. Das Vermitteln eines Mandatsträgers zwischen Bürgern und Behörden wird darunter schwerlich gefasst werden können. Da die Missbräuchlichkeit zudem als eigenständiges Merkmal neben das Fordern, Annehmen usw. der Zuwendung treten soll, kann auch die finanzielle Zuwendung für sich genommen die Missbräuchlichkeit nicht begründen. Kurzum: Ob sich das den Anlass zum (neuerlichen) Nachdenken über einen Einflussnahmetatbestand gebende (Mandatsträger-)Verhalten überhaupt unter den Tatbestand subsumieren ließe, steht in den Sternen.78 Zum anderen würde mit der missbräuchlichen Einflussnahme ein Allgemeindelikt geschaffen, das weit über das Unrecht der Mandatsträgerbestechung hinaus reichte und überhaupt eine Vorverlagerung gegenüber der (bislang strafbaren) Amtsträgerkorruption bedeutete.

Rn99

4.2. Partielle Gleichstellung von Mandatsträgern mit Amtsträgern

Eine jedenfalls partielle Gleichstellung von Abgeordneten mit Amtsträgern, namentlich im Rahmen der §§ 331 ff. StGB, erscheint auf den ersten Blick als naheliegende Lösung.79 Indes fehlt es – ohne dass dieser Gesichtspunkt im Rahmen des gegenständlichen Beitrages vertiefend behandelt werden könnte80 – schon ganz grundsätzlich an einer Vergleichbarkeit von Mandatsträger- und Amtsträgertätigkeit. Mandatsträger handeln im Rahmen unseres repräsentativen Systems denknotwendig unter dem Einfluss von (Interessen-)Gruppierungen, deren Forderungen und Vorstellungen sie gerade ins Parlament tragen sollen, während Amtsträger „nur“ die bereits vorgegebenen Gesetze zu vollziehen haben. Hinzu tritt der – für die §§ 332, 334 StGB relevante – Umstand, dass es für Mandatsträger an einem exakt umgrenzten Pflichtenkreis fehlt, mithin die Frage, wann ein Handeln „pflichtwidrig“ ist, ungleich schwerer zu beantworten ist als bei „gewöhnlichen“ Amtsträgern.81

Rn100

4.3. Lockerung des Mandatsbezugs

Schließlich ist daran zu denken, die Vorschrift des § 108e StGB weiter zu fassen, indem der Mandatsbezug (weiter) gelockert oder gar ganz aufgehoben wird. Zimmermann/Zimmermann regen etwa an, die Formulierung aus Art. 2 § 2 Abs. 1 IntBestG („mit seinem Mandat zusammenhängende Handlung“) zu übernehmen.82 Dabei ist allerdings zu sehen, dass ein hinreichender Bezug zur jeweiligen Tätigkeit auch im Rahmen anderer Korruptionsdelikte (§§ 331 ff., 299 ff. StGB) vorausgesetzt wird, mithin (delikts-)strukturell nicht von einer weitgehenden Privilegierung von Mandatsträgern gesprochen werden kann.83 Eine weite Formulierung („mit seinem Mandat zusammenhängende Handlung“) lüde überdies dazu ein, den Verstoß gegen eine Vielzahl von (formellen) Verhaltensregeln als strafbewehrt einzustufen, was mit einer Flut an Ermittlungsverfahren gegen Mandatsträger einherginge und so dem Vertrauen in die Integrität parlamentarischer Prozesse insgesamt eher abträglich wäre.84

Rn101

4.4. Sanktionsmechanismen außerhalb des Strafrechts

Letztlich bleibt ein Verhalten, wie es hier zur Debatte steht, für die Mandatsträger nicht folgenlos (sofern es publik wird). Denn unabhängig davon, ob das Verhalten strafbewehrt ist oder nicht, dürfte die politische Laufbahn des Handelnden beendet sein.85 Der Druck durch Partei, Fraktion und Öffentlichkeit wird jedenfalls regelmäßig das (vorzeitige und abrupte) Ende der Politikkarriere herbeiführen. Zudem ist durch die – in Reaktion auf die Maskendeals erfolgte – Ausweitung und Verschärfung der Transparenzregeln im Abgeordnetengesetz86 ein gesetzlich verankerter Verhaltenskanon für Abgeordnete vorhanden. Danach sind u.a. untersagt „die entgeltliche Interessenvertretung für Dritte gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung“ wie auch „entgeltliche Beratungstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mandatsausübung stehen“ (jeweils § 44a Abs. 3 S. 1 AbgG). Weiter sind „missbräuchliche Hinweise auf die Mitgliedschaft im Bundestag in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten (…) unzulässig“ (§ 44a Abs. 4 S. 1 AbgG), wobei Hinweise als missbräuchlich gelten, „wenn sie geeignet sind, auf Grund der Mitgliedschaft im Bundestag einen Vorteil in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten zu erzeugen“ (§ 44a Abs. 4 S. 2 AbgG). Bei Verstößen kann nicht nur ein Ordnungsgeld („bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung“) verhängt werden (vgl. § 51 Abs. 4 AbgG), es sind auch die „unzulässige Zuwendungen oder Vermögensvorteile oder ihr Gegenwert (…) dem Haushalt des Bundes zuzuführen“ (§ 44a Abs. 5 S. 1 AbgG). Wenn also schon das drohende Ende der politischen Karriere kein hinreichender Anreiz sein mag, auf finanziell einträgliche Vermittlungsgeschäfte oder gleichgelagerte Verhaltensweisen zu verzichten, sollte doch jedenfalls die Aussicht, das Empfangene (überdies) abführen und ein nicht unerhebliches Ordnungsgeld entrichten zu müssen, ihre präventive Wirkung nicht verfehlen.

Rn102

5. Schluss

Einer (erneuten) Reform des § 108e StGB bedarf es nach hier vertretener Auffassung nicht. Dass damit auch künftig Verhaltensweisen von Abgeordneten, die darauf zielen, unter Fruchtbarmachung von Autorität und Kontakten persönliche (wirtschaftliche) Vorteile zu erzielen, nicht als strafrechtlich relevant i.S.d. § 108e StGB eingestuft werden können, ist Konsequenz einer nachvollziehbaren gesetzgeberischen Entscheidung, die auf der besonderen Stellung des Abgeordneten in der repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes fußt. Ein vollkommen einflussfreies Handeln ist für den Abgeordneten, der gerade (Partikular-)Interessen ins Parlament tragen und dort mit konträren Auffassungen um eine (gemeinwohlorientierte) Lösung ringen soll, schlicht nicht möglich. Daher ist es richtig, den strafrechtlichen Schutz auf den Kernbereich legislativer Tätigkeit zu beschränken, um es nicht zu einer (Über-)Pönalisierung systemisch notwendiger Kontaktpflege kommen zu lassen. Zur Verhinderung besonderer Auswüchse hat sich das Parlament in Gestalt des geänderten AbgG wichtige (Selbst-)Beschränkungen auferlegt, die eingedenk ihrer konkreten Ausgestaltung in ihrer präventiven Wirkung nicht zu unterschätzen sind.

Rn103

1 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – StB 7/22, StB 8/22, StB 9/22, NJW 2022, 2856.

2 Vgl. die Entscheidungen OLG München, Beschluss vom 16.11.2021 – 6 St 4 - 5/21 (6. Strafsenat); OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21 (8. Strafsenat); OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21 (7. Strafsenat).

3 van Buehren, ZAP 2022, 475; Staudinger, jurisPR-StrafR 24/2021 Anm. 3; Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2806); wohl auch von der Meden/Sykownik, jurisPR-StrafR 14/2022 Anm. 1; anders aber Kudlich, medstra 2022, 205 (206); Kuhlen, JR 2022, 658 (663 f.).

4 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2857).

5 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2858).

6 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2858).

7 Vgl. die Feststellungen in BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2858).

8 Vgl. dazu die Feststellungen in OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 16.

9 Vgl. BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2858).

10 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2858); OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 16.

11 Schönke/Schröder/Heine/Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, Vor § 331 Rn. 1.

12 Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 11 Rn. 23a f.; Heinrich, wistra 2016, 471 (475); Matt/Renzikowski/Sinner, StGB, 2. Aufl. 2020, § 108e Rn. 2; MüKo-StGB/Radtke, 4. Aufl. 2020, § 11 Rn. 81 f.; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl. 2019, § 11 Rn. 18. – Vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 9.5.2006 – 5 StR 453/05, BGHSt 51, 44 (49 ff.) (zu § 108e a.F. StGB: Grundsatzentscheidung, wonach auch kommunale Mandatsträger grds. keine Amtsträger sind).

13 Vgl. unten 4.2. Eingehend zur (notwendigen) Unterscheidung von Amtsträgern und Mandatsträgern im Rahmen des Korruptionsstrafrechts Heinrich, ZIS 2016, 382 ff.

14 Art. 1 des 48. Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung des Tatbestandes der Abgeordnetenbestechung v. 23.04.2014, BGBl. 2014 I, 410; kritisch zum diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahren Jäckle, ZRP 2014, 121 („‚Hauruck‘-Gesetzgebung“).

15 Art. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches v. 8.10.2021, BGBl. 2021 I, 4650.

16 Barton, NJW 1994, 1098 (1100); Hoven, ZIS 2013, 33 (36); Jäckle, ZRP 2012, 97 ff.; Kubiciel, ZRP 2014, 48 (49). – Vgl. auch den Überblick zu verschiedenen Reformvorschlägen (in Form von Gesetzentwürfen) im Vorfeld der Neufassung im Jahr 2014 bei Wolf, CCZ 2013, 99 ff.

17 Grds. begrüßend Francuski, HRRS 2014, 220 (230); Gerig, ZRP 2014, 247 (248 f.); Sinner, FS-Kargl, 2015, S. 559 (572); Willems, CCZ 2015, 29 (33); vgl. auch Busch, Ist die strafwürdige Beeinflussung und Beeinflussbarkeit von Bundestagsabgeordneten durch § 108e StGB hinreichend geregelt?, 2017, S. 123 f., 191 f.; Peters, Korruption in Volksvertretungen, 2017, S. 644 f.; (noch immer) kritisch Hoven, NStZ 2015, 553 (555) („rechtspolitische Minimallösung“). – Die wesentlichen Änderungen überblicksartig darstellend Trips-Hebert, JR 2015, 372.

18 van Buehren, ZAP 2022, 475; Staudinger, jurisPR-StrafR 24/2021 Anm. 3; Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2806).

19 Kudlich, medstra 2022, 205 (206); Kuhlen, JR 2022, 658 (661); Staudinger, jurisPR-StrafR 24/2021 Anm. 3; Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2805). A.A. nur Kubiciel, Verfassungsblog v. 19.11.2021 (abrufbar unter: verfassungsblog.de/tatbestandslose-maskendeals/ Stand: 28.12.2022).

20 So (mit Abweichungen im Detail) Busch, Ist die strafwürdige Beeinflussung und Beeinflussbarkeit von Bundestagsabgeordneten durch § 108e StGB hinreichend geregelt?, 2017, S. 100 ff.; LK-StGB/Weiß, 13. Aufl. 2021, § 108e Rn. 8; Matt/Renzikowski/Sinner, StGB, 2. Aufl. 2020, § 108e Rn. 16; MüKo-StGB/Müller, 4. Aufl. 2021, § 108e Rn. 32 ff.; Peters, Korruption in Volksvertretungen, 2017, S. 304 ff.; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30. Aufl. 2019, § 108e Rn. 20; SSW-StGB/Rosenau, 5. Aufl. 2021, § 108e Rn. 7.

21 Vgl. nur LK-StGB/Weiß, 13. Aufl. 2021, § 108e Rn. 8; MüKo-StGB/Müller, 4. Aufl. 2021, § 108e Rn. 32; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30 Aufl. 2019, § 108e Rn. 20.

22 So aber der Formulierungsvorschlag in einem Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke aus dem Jahr 2010, BT-Drs. 17/1412, S. 4.

23 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856; OLG München, Beschluss vom 16.11.2021 – 6 St 4 - 5/21; OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21; OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21.

24 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856.

25 Kritisch zur Zuständigkeitsregelung des § 120b GVG Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 108e Rn. 57; Sinner, FS-Kargl, 2015, S. 559 (572); begrüßend dagegen AnwK-StGB/Mavany, 3. Aufl. 2020, § 108e Rn. 16.

26 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2859 f.). – Vgl. auch die inhaltlich entsprechende Regelung in Art. 13 Abs. 2 S. 2 Bayersiche Verfassung.

27 BVerfG, Urteil vom 4.7.2007 – 2 BvE 1/06, BVerfGE 118, 277 (324); 134, 141 (172); Jarass/Pieroth/Jarass, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 38 Rn. 45.

28 BeckOK-GG/Butzer, 53. Edition, Art. 38 GG Rn. 129 ff.; Dürig/Herzog/Scholz/Klein/Schwarz, GG, 98. EL März 2022, Art. 38 Rn. 221.

29 BVerfG, Urteil vom 17.9.2013 – 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08, BVerfGE 134, 141 (172).

30 BVerfG, Urteil vom 17.9.2013 – 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08, BVerfGE 134, 141 (173).

31 Jeweils OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 53; inhaltlich übereinstimmend OLG München, Beschluss vom 16.11.2021 – 6 St 4 - 5/21, Rn. 5.; zustimmend Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2805), die aber ihrerseits unter systematischen Gesichtspunkten auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG rekurrieren und dabei ein mit dem BGH übereinstimmendes Mandatsverständnis i.S.d. Verfassungsrechts zeigen (NJW 2022, 2804 2805 f.), sich mithin eher an der Verortung der verfassungsrechtlichen Erwägungen im Rahmen der Wortlautauslegung als an deren Inhalt zu stören scheinen.

32 OLG München, Beschluss vom 16.11.2021 – 6 St 4 - 5/21, Rn. 6.

33 Von einem weiteren verfassungsrechtlichen Mandatsbegriff ausgehend, diesen indes explizit von einem engeren strafrechtlichen Mandatsbegriff abgrenzend der 7. Strafsenat des OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21, Rn. 99.

34 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2860 f.).

35 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2860 f.).

36 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2861).

37 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2861).

38 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2861).

39 Eingehend BGH NJW 2022, 2856 (2861); dazu ferner Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2806).

40 BGH NJW 2022, 2856 (2861).

41 Jeweils OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 55.

42 OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 56; ähnl. auch OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21, Rn. 106.

43 Rengier, AT, 14. Aufl. 2022, § 5 Rn. 11.

44 Grds. kritisch gegenüber der „subjektiv-historischen“ Methode etwa Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl. 2019, § 1 Rn. 41 f.

45 Treffend insoweit OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21, Rn. 95; vgl. auch Baumann/Weber/Mitsch/Eisele/Eisele, AT, 13. Aufl. 2021, § 7 Rn. 78; NK-StGB/Hassemer/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 1 Rn. 108; Rengier, AT, 14. Aufl. 2022, § 5 Rn. 11

46 Vgl. oben 3.2. u.3.2.1).

47 Vgl. nur MüKo-StGB/Schmitz, 4. Aufl. 2020, § 1 Rn. 94.

48 Vgl. BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2861 ff.); OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 38 ff.; OLG München, Beschluss vom 16.11.2021, – 6 St 4 - 5/21, Rn. 8 ff.; OLG München, Beschluss vom 18.11.2021 – 7 StOBWs 1 - 3/21 Rn. 79 ff. – Wenig nachvollziehbar von „bestenfalls ambivalent[en]“ Gesetzesmotiven ausgehend dagegen Kubiciel, Verfassungsblog v. 19.11.2021 (abrufbar unter: verfassungsblog.de/tatbestandslose-maskendeals/ [Stand: 28.12.2022]).

49 BT-Drs. 18/476, S. 8.

50 Dagegen hält – in der Betrachtungsweise verkürzt – der 6. Strafsenat des OLG München fest, dem Regierungsentwurf könne „jedenfalls nicht eindeutig entnommen werden, dass ausschließlich die parlamentarische Willensbildung in den Parlaments- und Fraktionsgremien geschützt werden soll“ (OLG München, Beschluss vom 16.11.2021, – 6 St 4 - 5/21, Rn. 14). – Freilich erkennt der Senat „in der Zusammenschau“ sämtlicher Materialien, insbesondere unter Einbeziehung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 18/607), den „eindeutigen Willen des Gesetzgebers, außerparlamentarische Tätigkeiten (…) vom Anwendungsbereich der Strafnorm generell auszunehmen“ (OLG München, Beschluss vom 16.11.2021, – 6 St 4 - 5/21, Rn. 24).

51 BT-Drs. 17/8613, S. 4.

52 BT-Drs. 18/607, S. 8.

53 BT-Drs. 18/607, S. 1.

54 Abrufbar unter: bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vertragsgesetz_Korruption_Anlage1.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Stand: 28.12.2022).

55 Abrufbar unter: un.org/depts/german/uebereinkommen/ar58004-oebgbl.pdf (Stand: 28.12.2022).

56 Art. 2 lit. a Nr. i UN-Übk stellt klar, dass als „Amtsträger“ i.S.d. Übereinkommens (auch) anzusehen ist „eine Person, die in einem Vertragsstaat durch Ernennung oder Wahl, befristet oder unbefristet, bezahlt oder unbezahlt und unabhängig von ihrem Dienstrang ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, Exekutive, Verwaltung oder Justiz innehat“ (Herv. d. Verf.).

57 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2863).

58 BT-Drs. 18/9234, S. 36.

59 Vgl. BT-Drs. 18/2138, S. 82.

60 Zum Ganzen BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2863).

61 Vgl. BT-Drs. 18/2138, S. 82; 18/9234, S. 36.

62 S.u. 4.1.

63 Die Rede ist dementsprechend von einem „komplexen Rechtsgut“, vgl. Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 108e Rn. 1a; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30. Aufl. 2019, § 108e Rn. 2.

64 AnwK-StGB/Mavany, 3. Aufl. 2020, § 108e Rn. 1; BeckOK-StGB/von Heintschel-Heinegg, 55. Edition, § 108e Rn. 3; LK-StGB/Weiß, 13. Aufl. 2021, § 108e Rn. 3; Matt/Renzikowski/Sinner, StGB, 2. Aufl. 2020, § 108e Rn. 3; MüKo-StGB/Müller, 4. Aufl. 2021, § 108e Rn. 1; NK-StGB/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 108e Rn. 5; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30. Aufl. 2019, § 108e Rn. 2.

65 Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 108e Rn. 1a; ähnl. Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30. Aufl. 2019, § 108e Rn. 2; dagegen NK-StGB/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 108e Rn. 6.

66 SSW-StGB/Rosenau, 5. Aufl. 2021, § 108e Rn. 5; dagegen Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 108e Rn. 2; krit. ferner NK-StGB/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 108e Rn. 7.

67 BT-Drs. 18/476, S. 6.

68 BT-Drs. 18/476, S. 8.

69 Vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2863 f.).

70 Treffend BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2864).

71 Dazu oben 3.2.2.2.1(1).

72 BGH, Beschluss vom 5.7.2022 – STB 7/22, STB 8/22, STB 9/22, NJW 2022, 2856 (2864); ähnl. OLG München, Beschluss vom 16.11.2021, – 6 St 4 - 5/21, Rn. 46.

73 OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 77.

74 OLG München, Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21, Rn. 77.

75 Dazu bereits oben 3.2.2.2.3(3).

76 Dazu bereits oben 3.2.2.2.3(3).

77 Vgl. zum Folgenden Kuhlen, JR 2022, 658 (663).

78 Mit Zweifeln daher auch Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2806).

79 Eine generelle Gleichstellung – durch entsprechende Erweiterung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB – fordert van Buehren, ZAP 2022, 475.

80 Vgl. aber Heinrich, ZIS 2016, 382 ff.

81 Gegen eine Gleichstellung (im Rahmen der §§ 331 ff. StGB) daher auch Busch, Ist die strafwürdige Beeinflussung und Beeinflussbarkeit von Bundestagsabgeordneten durch § 108e StGB hinreichend geregelt?, 2017, S. 130 f.; Heinrich, ZIS 2016, 382 (394 f.); jüngst auch von der Meden/Sykownik, jurisPR-StrafR 14/2022 Anm. 1.

82 Zimmermann/Zimmermann, NJW 2022, 2804 (2806).

83 Treffend Kudlich, medstra 2022, 205 (206).

84 So auch Kubiciel, Verfassungsblog v. 19.11.2021 (abrufbar unter: verfassungsblog.de/tatbestandslose-maskendeals/ Stand: 28.12.2022), der freilich – im Gegensatz zur hier vertretenen Auffassung – von einer Erfassung des Abgeordnetenhandelns rund um die Maskendeals durch § 108e StGB in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung ausgeht.

85 Vgl. dazu auch Kuhlen, JR 2022, 658 (663) mit dem pointierten Hinweis darauf, dass die Trennung von Recht und Moral „in beide Richtungen“ wirkt, mithin die moralische Anstößigkeit eines Verhaltens nicht dessen Strafbarkeit begründet, umgekehrt die Straflosigkeit aber die moralische Anstößigkeit nicht zu tilgen vermag.

86 Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches v. 08.10.2021, BGBl. 2021 I, 4650; vgl. dazu BT-Drs. 19/28784; im Überblick Austermann, NVwZ 2021, 1081 ff. – Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 108e Rn. 7, sieht infolge der Änderungen des AbgG „die Stellung von Abgeordneten weitgehend der von öffentlichen Bediensteten angenähert“, womit „das Leitbild des Mandatsträgers (…) das eines vollberuflichen Politik-Beamten“ sei.