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Zitiervorschlag: Linardatos, LRZ 2023, Rn. 448, [●], www.lrz.legal/2023Rn448.

Permanente Kurz-URL: LRZ.legal/2023Rn448

Führen Interaktionsgestaltungen, die Rationalitätsasymmetrien oder Reflexionslücken von Menschen ausnutzen (sog. Dark Patterns), zur Aufhebbarkeit oder Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts? Der Beitrag zeigt, dass eine insoweit desiderate Marktordnung nicht dem Vertrags- oder Schadensersatzrecht zu überantworten ist; stattdessen ist dies eine Aufgabe des Lauterkeitsrechts und marktverhaltensbezogenen Sondermaterien (z.B. WpHG).

1. Einleitung

Konsumverhalten wird seit jeher gesteuert – sei es durch die Gestaltung und Anordnung der Regale in Verkaufsgeschäften oder durch verlockende Werbung. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn Produktanbieter auch für ihre Webseiten und Mobilapplikationen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ihren Absatz zu steigern. Gerade im Onlineverkehr wähnt man allerdings durch die Einflussnahme auf das Konsumverhalten den Verbraucherschutz als zunehmend gefährdet. Für Design- und Gestaltungsmuster, die Entscheidungen beeinflussen, hat sich das negativ konnotierte Label Dark Patterns eingebürgert (2.). Solche Gestaltungen der Onlinevertriebsstrecke sind verschiedentlich kritisch analysiert worden,1 und auch der europäische Gesetzgeber hat sich ihrer explizit angenommen: Mit Art. 25 DSA2 hat er Onlineplattformen verboten, Onlineschnittstellen auf eine Weise zu gestalten, die der Entscheidungsautonomie abträglich ist. Rechtstechnisch handelt es sich dabei um eine verbraucherschützende Lauterkeitsregel mit marktordnender Wirkung. Diese Regulierungsentscheidung des unionalen Gesetzgebers sei hier Anlass, um zu überprüfen, inwieweit eine Marktordnung gegen unerwünschte Dark Patterns (auch) durch vertrags- und schadensrechtliche Normen erreichbar ist (3.).

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2. Begriff und Eingrenzung

Dark Patterns ist ein unspezifischer Sammelbegriff für Methoden der Einflussnahme auf Entscheidungen mittels Designmuster in Onlineschnittstellen (2.1.).3 Er ist kein Rechtsbegriff und damit keine Determinante juristischer Subsumtion.4 Vor allem das verhaltensökonomisch geprägte Schrifttum versammelt unter das Label Dark Patterns sehr viele heterogene Sachverhalte, die jedoch bei genauem Hinsehen keine Anders- oder Neuartigkeit im Vergleich zu herkömmlichen Täuschungs- oder Manipulationshandlungen aufweisen. Deshalb gilt es hier, die Untersuchung auf jene Phänomene zu beschränken, welche tatsächlich als kategoriale Neuerscheinung durchgehen können (2.2.).

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2.1. Definition

In Erwägungsgrund 67 S. 1 des DSA werden Dark Patterns definiert als Praktiken auf Onlineschnittstellen, mit denen darauf abgezielt oder tatsächlich erreicht werde, „dass die Fähigkeit der Nutzer, eine autonome und informierte Auswahl oder Entscheidung zu treffen, maßgeblich verzerrt oder beeinträchtigt wird“. Art. 25 DSA kommt ohne die englischsprachige Etikettierung aus und statuiert das Verbot, Onlineschnittstellen so zu konzipieren, zu organisieren oder zu betreiben, „dass Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden“.

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Auffallend ist, dass in beiden Formulierungen neben der Entscheidungsfreiheit auch der Grundsatz der informierten Entscheidung betont wird. Unterlässt der Verwender der Onlineschnittstelle die tunliche Information, so geschieht dies idR mit dem Ziel, den Adressaten zu einem Verhalten zu bewegen, das nicht mit den Eigeninteressen konform ist. Deswegen betont richtigerweise Erwägungsgrund 67 S. 2 DSA, dass Dark Patterns problematisch sind, weil sie typischerweise eingesetzt werden, um die Nutzer zu eigenschädlichen Verhaltensweisen oder ungewollten Entscheidungen zu bewegen. Der Adressat des Designmusters agiert also ohne Kenntnis darüber, seine eigenen wirtschaftlichen oder rechtlichen Interessen zu verletzen. Deutlich wird dies etwa beim sog. bait-and-switch: Internetnutzer sind es gewohnt, dass sie auf das x in der oberen rechten Ecke eines Pop-up-Fensters klicken können, um das Fenster zu schließen, und um zugleich die dort gestellte Frage mit „Nein“ zu beantworten. Bei einem Pop-up-Fenster, das mit dem besagten Designmuster versehen ist, würde Gegenteiliges passieren: das Wegklicken des Fensters wäre eine Bestätigung.5

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Im Schrifttum ist das Augenmerk beim Definieren weniger darauf gelegt worden, inwieweit eine autonome und informierte Entscheidung behindert wird, sondern auf den empirisch belegten, verhaltenspsychologischen Gründen, aus denen Dark Patterns tatsächlich funktionieren: Unter dem Begriff seien Interaktionsgestaltung (online wie offline) versammelt, die sich objektiv menschliche Verhaltensweisen zunutze machen, mit dem Ziel, zumindest auch einseitige Interessen des Verwenders ohne Rücksicht auf Adressateninteressen durchzusetzen.6 Neben Reflexionslücken und Wahrnehmungsverzerrungen (biases) des Kunden nutzt der Verwender auch ihm bekannte Heuristiken in Zuständen systematischer Überforderung sowie die Anfälligkeit des Menschen für psychologischen Druck oder soziale Kontextualisierung aus.

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Abzugrenzen sind Dark Patterns vom positiv konnotierten Nudging:7 Das Verhalten der Nutzer wird hier angereizt mit dem Ziel, für ihn oder für die Gesamtgesellschaft förderliche Resultate zu erzielen. Ausgangspunkt ist insoweit die Überlegung, dass Menschen realiter nicht in der Lage sind, eine für sich oder für die Gesellschaft positive Entscheidung zu treffen, insbesondere wenn sie in einem Umfeld agieren, in dem ihnen Erfahrungen fehlen, ihre Informationen unvollständig sind und Entscheidungen nicht von sofortiger Resonanz begleitet werden.8 Ein Beispiel hierfür ist die Auswahl zwischen verschiedenen ärztlichen Behandlungsmethoden.

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In der Theorie sind die Unterschiede zwischen Dark Patterns und Nudging klar; in praxi sind die Grenzen hingegen fließend. Teilweise werden die Begrifflichkeiten sogar gleichgestellt.9 Dies zeigt deutlich, dass reine Etikettierungen etwaiger Nachbardisziplinen nicht unreflektiert als „Funktionsbegriffe“ des Rechts10 übernommen werden dürfen; sie können lediglich Umschreibungsbegriffe sein, sofern der Kontext ihrer Verwendung stets klargestellt wird.

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2.2. Untersuchungsgegenstand

2.2.1. Eingrenzung des Themas aus juristischer Warte

Dark Patterns seien hier wie folgt kontextualisiert: In Abgrenzung zur „gewöhnlichen“ Täuschung iSd § 123 BGB oder versäumten Aufklärung (§ 241 Abs. 2 BGB) seien nur solche Designmuster einer Untersuchung unterzogen, die auf verhaltenspsychologischen Erkenntnissen aufbauen, menschliche Reflexionslücken ausnutzen und insoweit per definitionem geeignet sind, eine Überzahl der Nutzer zu betreffen. Es soll um Sachverhalte gehen, die gerade nicht (!) schon nach tradierten Kriterien wegen Verletzung der Privat- oder Entscheidungsautonomie unter den § 123, §§ 154 f. BGB oder §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB subsumiert werden können. Die teils großzügigen und in der Sache untechnischen Umschreibungen des Schrifttums als „manipulativ“ oder „täuschend“ dürfen insoweit nicht in die Irre führen.11

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Wie schon eingangs angemerkt, werden viele heterogene Sachverhalte als Dark Patterns etikettiert. In Studien werden bis zu acht Kategorien mit 29 Untervarianten aufgeführt;12 im Schrifttum haben Martini et al. fünf Kategorien mit insgesamt 20 Erscheinungsformen formuliert.13 Allen Erscheinungsformen kann dieser Beitrag schon aus Platzgründen nicht nachgehen und mit Blick auf den hier gewählten Definitionsrahmen ist dies auch nicht erforderlich: Eine Täuschung iSd § 123 BGB bleibt eine Täuschung, gleichviel wie der ursächliche Kommunikationsakt beschaffen war. Wer reflexartig unter dem Label Dark Patterns ein neues Anwendungsproblem aufwirft, versucht alten Wein in neue Schläuche zu gießen.14 Deswegen sollen an dieser Stelle solche Gestaltungsmuster nicht interessieren, die zB eine nachweislich falsche Aussage zur Täuschung enthalten, Gegenleistungen zu erschleichen versuchen oder sogar Zwang ausüben. Beispiele sind die objektiv falsche Knappheitsbehauptung,15 die heimliche (und somit aggressive) Veränderung des Warenkorbs (sneak into basket), das unbemerkt automatisch ausgelöste Abonnement (hidden subscription) oder das zwingende Erfordernis eines Kundenkontos für elementare Dienstleistungen (forced enrollment).

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Stattdessen sollen – wie schon gesagt – diejenigen Gestaltungsmuster im Zentrum stehen, die niedrigschwelliger Rationalitätsasymmetrien und Reflexionslücken instrumentalisieren, denn hierin liegt die entscheidende Neuartigkeit der betreffenden Phänomene im Vergleich zu denjenigen, die klassisch von Regeln des Schutzes der Entscheidungsautonomie (§§ 119 ff., 154 f., §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB etc.) adressiert werden.

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2.2.2. Eingrenzung des Themas aus verhaltenspsychologischer Warte

Mit dieser schon weitreichenden Themeneingrenzung soll es nicht sein Bewenden haben. Zu berücksichtigen sind auch gewisse typische Markt- und Kundenreaktionen, welche empirisch nachweisbar sind16 und die Relevanz der Steuerungsmechanismen des Vertragsrechts in den Hintergrund treten lassen. So provozieren offensive, aggressive Gestaltungsmuster substanzielle Ablehnungshaltungen und führen auf Verwenderseite zu einem nachhaltigen Reputationsverlust. Wird einem Kunden hartnäckig immer wieder ein Pop-up-Fenster angezeigt, das er erst loszuwerden vermag, wenn er einen aufgedrängten, tatsächlich unerwünschten Erwerb tätigt (Kopplung), dann ist der Schutz durch das Vertragsrecht von untergeordneter Bedeutung. Der Kunde wird den Anbieter in Zukunft meiden, da dessen Unredlichkeit offenkundig ist. Zwar bestehen weiterhin Schutzlücken, weil es seine Zeit dauern mag, bis sich unter andere Neukunden die Unredlichkeit des Anbieters herumgesprochen hat. Ein lückenloser Schutz vor missbräuchlich ausgeübter Privatautonomie ist indes erstens ohnehin nie möglich und zweitens nicht Aufgabe des Vertragsrecht; dafür greifen die Verbotstatbestände der §§ 4 ff. UWG ein.17 Da die problematische Gestaltung bei den offensiven Dark Patterns regelmäßig klar auf der Hand liegt, können die gemäß § 8 Abs. 3 UWG anspruchsberechtigten Parteien ausreichend effektiv vorgehen.

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Anders ist dies bei Gestaltungen, die sich kognitive oder affektive Aspekte der menschlichen Entscheidungsfindung durch eine entsprechend verändert Entscheidungsarchitektur zunutze machen. Diese sind so effektiv, weil sie – sofern überhaupt aufgedeckt – sehr geringe bis keine Ablehnungshaltungen provozieren, mithin der Verwender keine Reputationsverluste oder Kundenabwanderungen befürchten muss. Den Betroffenen ist idR nicht einmal bewusst, dass ihre Entscheidung beeinflusst erging. Zudem konnte empirisch nachgewiesen werden,18 dass manche Gestaltungsmuster, die den objektiv individuellen Präferenzen zuwiderliefen, paradoxerweise beim Kunden zu mehr Zufriedenheit führten: Dies geschah etwa, wenn sich der Kunde aufgrund der gewählten Gestaltung „umsorgter“ fühlte. Akerlof/Shiller haben von phishing gesprochen, wenn Anbieter es schafften, den Nachfragern durch das Ausnutzen kognitiver Verzerrungen zu suggerieren, es sei subjektiv ein besseres Produkt oder ein besserer Vertrag angeboten worden, als dies objektiv der Fall ist.19

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Darüber nachzudenken, wie das Vertragsrecht mit solchen Gestaltungsmustern umgehen sollte, ist gerade deswegen für den Onlineverkehr wichtig, weil ihre Auswirkungen um ein Vielfaches jene übersteigen, die im Präsenzgeschäft – etwa durch Lockvogelangebote – denkbar sind: Die Designmuster sind mit niedrigen Kosten skalierbar und aufgrund der Datenmassen, die permanent online generiert wird, perfekt abstimmbar.20 Sie können mithin trotz aller Heterogenität der Kunden ad hoc individuell nachjustiert werden; dies allerdings nicht, um Asymmetrien der individuellen Geschäfts- und Rechtsbeziehung auszunutzen, sondern solche, die allgemeingültig sind und die vom Adressaten nur ausnahmsweise bei gesteigerter Aufmerksamkeit oder rein zufällig ausgeschaltet werden können.21 So kann der Verwender auf der Grundlage seines Datenmaterials geeignete Schlussfolgerungen über Alter, Gewohnheiten, Erfahrungen etc. des Kunden treffen, um insoweit die richtigen kognitiven Schwachpunkte zu adressieren. Etwaige Unklarheiten zwischen verschiedenen Designoptionen beseitigt das sog. A/B-Testing; die Gestaltungsmuster sind somit datenbasiert mit bestmöglicher Wirksamkeit implementierbar.

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2.2.3. Eigene Definition und Beispiele

Der Fokus der nachfolgenden Bewertung liegt auf den soeben in 2.2.1. und 2.2.2. umrissenen Erscheinungsvarianten: (i) unterschwellige Beeinflussungen, die (ii) auf typischen menschlichen Rationalitätsasymmetrien und Reflexionslücken beruhen und (iii) infolgedessen – statistisch gesehen – eine Überzahl der Nutzer nachteilig betreffen (können).

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Als Musterbeispiele seien herangezogen: Knappheitsindikation (scarcity), voreingestellte Option (preselection), das Auslösen von Schuldgefühlen für die getätigte Auswahl (confirmation shaming) und künstlich gestreckte oder erschwerte Klickwege (click fatigue). Nehmen wir ausgehend von diesen Varianten folgenden fiktiven Sachverhalt an:

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Kunde K bucht eine Pauschalreise nach X. X hat ihn schon immer gereizt, der Buchungspreis schien ihm aber etwas hoch zu sein. Die Anbieterseite A indiziert – wahrheitsgemäß – eine große Nachfrage für den von K ausgewählten Reisezeitraum, indem es dort in einer farblich hervorgehobenen Infobox heißt: „8 andere Menschen aus ihrer Stadt interessieren sich gerade für diese Reise.“ K wählt die Pauschalreise aus und eine hervorgehobene Infobox zeigt ihm, dass automatisch eine Reiserücktrittsversicherung ausgewählt wurde. Beim Versuch, die Option abzuwählen, erscheint eine weitere Infobox mit dem Text: „Sind Sie sicher, dass sie die kompletten 3.900 EUR Reisekosten riskieren wollen? Bei Nichtantritt der Reise verlieren Sie Ihr Geld.“ K bestätigt, die Reiserücktrittsversicherung abwählen zu wollen, wodurch sich ein weiteres Fenster öffnet mit der Frage: „Wollen Sie die Option abwählen oder sich zunächst über die Reiserücktrittsversicherung informieren?“ Als K auf „abwählen“ klickt, öffnet sich ein weiteres Fenster mit „Sind Sie sicher? Die Versicherung kostet Sie einmalig 39 EUR. Dies sind 1 % der Reisekosten.“

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3. Vertrags- und schadensrechtliche Bewertung

Im Zivilrecht sind nur rudimentär Vorschriften enthalten, bei denen ein Bezug zu Dark Patterns herstellbar ist. Zu nennen ist etwa das Verbot der untergeschobenen Nebenleistung durch Voreinstellung gemäß § 312a Abs. 3 S. 2 BGB (dieses wäre etwa für die Vorauswahl hinsichtlich der Reiserücktrittsversicherung im Bsp. relevant). Auch die „Button-Lösung“ des §312j Abs. 3 S. 2 BGB kann in einem Zusammenhang mit unerwünschten Designmustern stehen.22 Beide Vorschriften decken jedoch nur ein kleines Spektrum der hier relevanten Problemgruppe ab; sie beziehen sich zudem ausschließlich auf Verbraucherverträge iSd § 312 BGB.

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Nachfolgend sei deswegen das Augenmerk auf alle vertrags- und schadensrechtrechtlichen Regeln gerichtet, die rollenunabhängig die Privatautonomie zu schützen trachten. Inhalt der Privatautonomie ist, dass Bedingungen der Selbstbestimmung insbesondere beim Vertragsschluss ausreichend bestehen, denn „maßgebliches Instrument zur Verwirklichung freien und eigenverantwortlichen Handelns in Beziehung zu anderen ist der Vertrag, mit dem die Vertragspartner selbst bestimmen, wie ihre individuellen Interessen zueinander in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden“23.

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Es wird sich nachfolgend zeigen, dass dies im ausreichenden Maße auch im Kontext der hier aufgegriffenen Dark Patterns besteht und eine „Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen“24 gewährleistet ist, wodurch es idR weder den §§ 145 ff. BGB (3.1.), noch den §§ 119 ff. BGB (3.2.), der c.i.c.-Haftung (3.3.) oder den §§ 134, 138 BGB (3.4.) beikommt, die Verwendung der hier untersuchten Designmuster mit einer Negativfolge zu belegen.

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3.1. Einigung gemäß §§ 145 ff. BGB

Subjektiver und objektiver Tatbestand der Willenserklärung sind hinsichtlich des Beispielfalles erfüllt. Eine manipulierte oder (subtil) provozierte Willenserklärung ist nicht anders zu behandeln als eine völlig unbeeinflusste, solange die Einflussnahme nichts an der Erklärung des Handelnden ändert, „dass eine bestimmte Rechtsfolge gelten soll“.25 Das insoweit notwendige, aber auch ausreichende generelle Bewusstsein, sich „im rechtsgeschäftlichen Bereich zu bewegen“26, ist regelmäßig gegeben. Äußerer und innerer Tatbestand der Willenserklärung sind erfüllt; die Lehre vom „potenziellen Erklärungsbewusstsein“27 spielt insoweit keine Rolle.28

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3.2. Anfechtbarkeit der Willenserklärung gemäß §§ 119 ff. BGB

In den hier interessierenden Konstellationen sind weder Inhalts- noch Erklärungsirrtümer naheliegend. Dem Verwender der Dark Patterns ist gar nicht daran gelegen, einen Irrtum bei der Willensäußerung herbeizuführen, sondern er zielt auf eine kognitive oder affektive Verzerrung der Willensbildung ab. Deswegen entsprechen sich gewolltes und gesetztes Erklärungszeichen regelmäßig,29 wodurch ein Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB aufseiten des Kunden ausscheiden muss. Auch verbindet der Erklärende mit dem bewusst gewählten Erklärungszeichen keine andere Bedeutung als sie ihm nach der Auslegung zukommt,30 so dass auch ein Inhaltsirrtum iSd § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht einschlägig ist.31 Da in den hiesigen Sachverhalten die verkehrswesentlichen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes nicht im Zweifel stehen, kommt weiterhin ein ausnahmsweise beachtlicher Irrtum nach § 119 Abs. 2 BGB nicht in Frage.32 Über Marktwert oder Preis mag zwar durch Gestaltungen wie scarcity eine Fehlvorstellung entstehen; gerade Preis und Wert sind aber bekanntlich keine verkehrswesentlichen Eigenschaften.

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3.2.1. Unbeeinflusste Willensbildung und § 123 BGB: Meinungsstand

Zentrale Schutzvorschrift ungestörter Willensbildung im Anfechtungsrecht ist § 123 BGB. Die Alternative der widerrechtlichen Drohung scheidet aus, da der Verwender seinem Kunden kein künftiges Übel in Aussicht stellt. Offener scheint zu sein, inwieweit von einer arglistigen Täuschung ausgegangen werden kann. Teilweise wird angenommen, es fehle beim Ausnutzen von Rationalitätsdefiziten allgemein am Vorspiegeln falscher Tatsachen;33 der Tatsachenbezug einer auf Verhaltenssteuerung ausgerichteten Kundenstrecke bestehe nicht, sofern im Übrigen die Angaben zutreffend sind.34 Demgegenüber wird betont, dass auch eine „Überinformation“ einen Irrtum zu erregen vermag35 und die im „Kleingedruckten“ versteckten Angaben, also eine „gestalterische Unterordnung“36, gleichfalls eine arglistige Täuschung begründen könne.37 Da es auf eine objektive Erheblichkeit des Irrtums oder auf eine Täuschung über wesentliche Umstände in der Aktivvariante des § 123 BGB nicht ankommt,38 wäre es nach diesem Ansatz möglich, § 123 BGB anzuwenden. Hierfür könnte vor allem die „faktische Wirkmacht“ mancher Dark Patterns sprechen.39

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Teils wird auch eine Täuschung durch Verschweigen erwogen. Dafür könne die berechtigte Erwartung eines „Informationsminimums“40 sprechen. Denga erwägt eine erhöhte Aufklärungspflicht bei „Betroffenheit über ein (inzwischen) gewöhnliches Maß digitaler Manipulation“.41 Überwiegend wird sich indes für eine restriktive Anwendung des § 123 BGB ausgesprochen. Denn es müssten Umstände betroffen sein, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind.42

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3.2.2. Stellungnahme

Schwerlich von der Hand zu weisen ist die „faktische Wirkmacht“ der Dark Patterns. Sie ist verhaltenspsychologisch und empirisch belegt und als Rechtsanwender würde man schlecht daran tun, dies gänzlich unberücksichtigt zu lassen. Indes begründen diese Tatsachen nicht automatisch die Anwendbarkeit des § 123 BGB. Eine wesentliche Einschränkung erfährt der Anfechtungstatbestand nämlich durch das Kausalitätserfordernis. Inwieweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Verhaltensimpulsen und der erfolgten Transaktion besteht, ist im konkreten Einzelfall selten klar zu eruieren. Aus der im Aggregat für das Marktverhalten bestehenden Relevanz der Dark Patterns darf nicht automatisch auf eine individuelle Bedeutung geschlossen werden. Zwar genügt nach gefestigter Meinung die Mitursächlichkeit der Täuschung; die arglistig hervorgerufene Fehlvorstellung muss also nicht das einzige die angefochtene Erklärung bestimmende Moment gewesen sein.43 Indes muss gleichwohl berücksichtigt werden, dass hinter einer Transaktionsentscheidung ein breites Bündel von Motiven (Reputation, Produktspezifika, Markentreue etc.) steht,44 welches in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. So sind zB Produktspezifika und Markentreue für die endgültige Entscheidung oftmals entscheidender als das verhaltenssteuernde Designmuster. Es käme einer praxisfernen Überbetonung der Dark Patterns gleich, würde man gleichwohl ein Anfechtungsrecht vorsehen. Entsprechend kann den bisherigen empirischen Daten nicht entnommen werden, dass die Designmuster eine bestehende Dispositionsentscheidung überhaupt erst hervorrufen. Sie mögen bestehende Entscheidungstendenzen bekräftigen und unterstützen, doch dies allein vermag eine Vertragsnichtigkeit gemäß §§ 123, 142 Abs. 1 BGB nicht zu rechtfertigen – schon deswegen nicht, weil andernfalls die Gefahr eines dem Zivilrecht fremden Reuerechts bestünde.

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Gegen eine anfechtungsbegründende arglistige Täuschung spricht weiterhin, dass die hier relevanten Designmuster für den Kunden bemerkbar sind. Die Karten liegen gleichsam auf dem Tisch; dem Kunde steht es frei, sich dem Einfluss der Dark Patterns zu entziehen. So wie „vage Anpreisungen, die jeder verständige Mensch als solche wertet“, keine Täuschungen sind,45 dürfen Designmuster der Onlineschnittstelle nicht bloß wegen ihrer Neuartigkeit anders behandelt werden. Dies über eine phänomenspezifische „erhöhte Aufklärungspflicht“ anders sehen zu wollen, hieße letztlich, die Anforderungen des § 123 BGB bei aktiver Täuschung durch eine rhetorische Weichenstellung zu umgehen. Gerechtfertigt ist ein solcher Ansatz grundsätzlich nicht (solange natürlich keine unwahren Tatsachen ein Bestandteil des Designmusters sind).46

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3.2.3. Nachweiserleichterungen

Sollte ein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB ausnahmsweise materiellrechtlich in Betracht kommen, so stellt sich für den Adressaten der Manipulation das Problem der Nachweisführung. Dies hat mit dem flüchtigen Charakter der Onlineschnittstellen zu tun, der eine Reproduktion oftmals nicht erlaubt – schon deswegen nicht, weil die Anbieter ihre Internetseite stetig verändern (Morphing).47 Zudem ist die Wirkung der Dark Patterns teils prozessabhängig und sie materialisiert sich erst über mehrere Zwischenseiten und Untermenüs sowie erst in Kombination mehrerer Lenkungsdesigns.48

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Ein Durchschnittsanwender, der nicht permanent seinen Desktop aufnimmt, kann einen ihn betreffenden Dark Pattern schwierig nachweisen. Einen Ausweg können die Grundsätze der sekundären Darlegungslast bieten: Im Prozess hätte der Verwender einer Onlineschnittstelle offenzulegen, welche Designmuster er im Einsatz hatte. Auf die Relevanz etwaiger Designmuster oder -änderungen könnte über die Ergebnisse des A/B-Testing geschlossen werden, welche der Verwender ebenfalls offenzulegen hätte.49 Zwar kann aus dem A/B-Testing kein Beweisautomatismus folgen, da die betreffenden Ergebnisse nur statistische Rückschlüsse erlauben, ohne auch die individuell-konkrete Kausalität nachzuweisen. Indes stellen die Testerkenntnisse ein starkes Indiz für eine konkrete Kausalität dar, sofern aufgrund der Nutzerdaten nachgewiesen ist, dass der betreffende Nutzer dem effektiven Designmuster tatsächlich ausgesetzt war.

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3.3. Schadensrechtlicher Schutz der Entscheidungsfreiheit?

Der Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit über §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB mit der Folge eines Anspruchs auf Vertragsauflösung ist allgemein anerkannt.50 § 123 BGB schließt eine Anwendung dieses Anspruchs nicht aus.51 Für die hiesigen Fallgruppen wird die Lösung über den c.i.c.-Anspruch teils sogar als insgesamt überlegen angesehen.52

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Dem Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung mit dem Ziel, allein die Entscheidungsfreiheit zu schützen, hat sich das Schrifttum immer wieder gewidmet.53 Während die Rspr. die Vertragsaufhebung wegen pflichtwidrig beeinflusster Willenserklärung bei §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB von einem Vermögensschaden abhängig macht,54 hat sich in der hL deutlicher Widerstand hiergegen gebildet.55 Und dies aus guten Gründen: Abgesehen davon, dass die Entscheidungsfreiheit selbstredend ein von § 241 Abs. 2 BGB geschütztes Interesse ist, spricht auch der Gegenschluss aus § 253 BGB gegen das Erfordernis eines Vermögensschadens:56 Bei einem auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch gemäß § 249 Abs. 1 BGB kommt es gerade nicht auf die Beeinträchtigung von Vermögensinteressen an.

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Indes soll dies nicht heißen, jeder Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit sei als Pflichtverletzung zu qualifizieren. Denn augenscheinlich führen die zahlreichen Anpreisungen in Werbung und Marketing auch nicht immer zum schadensrechtlichen Vertragsaufhebungsanspruch, obgleich zahlreiche von ihnen delusorisch sind. Die entscheidende Frage ist also: Wo verläuft die Grenzlinie zwischen erlaubter Absatzbemühung und pflichtwidriger Entscheidungsstörung, insbesondere wenn lediglich Rationalitätsasymmetrien ausgenutzt werden?

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3.3.1. Schutzpflichtbezogener Proportionalitätsgrundsatz

Inhalt und Umfang der Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) folgen aus dem konkreten Schuldverhältnis, aus der Intensität des damit verbundenen sozialen Kontaktes und den Gefahren, die infolgedessen für die Interessen und Rechtsgüter des Vertragspartners entstehen.57 Auch für die hier relevanten Fallgruppen betont das Schrifttum diesen Proportionalitätsgrundsatz:58 Je weitreichender die Einwirkungsmöglichkeiten desjenigen sind, der die Onlineschnittstelle verwendet, desto strenger der Pflichtenmaßstab, den es zu beachten gilt. Dabei sei von Relevanz, dass mithilfe von Big Data und KI aufseiten des Verwenders ein Informationsüberschuss entstehe.59 Um allerdings einen ausufernden Eingriff in die unternehmerische Handlungs- und Gestaltungsfreiheit zu verhindern, sei einschränkend zu fordern, dass – iSe „besonderen Unwerturteils“ – „erhebliche“ Rationalitätsdefizite ausgenutzt werden.60 Ein wichtiges (und zutreffendes) Anliegen ist es hierbei, eine Überwälzung der jeweils eigenen Vertragsrisiken zu verhindern.61 So liegt es zB auf der Hand, dass ein Investor das Kursrisiko eines Finanzinstruments auf einen Finanzdienstleister nicht abwälzen darf, wenn er sich verspekuliert hat. Und hat sich der Käufer hinsichtlich der Tauglichkeit eines Produkts für den bezweckten Einsatz vertan, dann kann er dieses Risiko nicht allein mit dem Argument auf den Verkäufer abwälzen, es seien verhaltenspsychologisch optimierte Onlineschnittstellen zum Einsatz gelangt.

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3.3.2. Orientierungspunkte: Gebote des fairen und klaren Verhandelns

Zwangsläufig ist das Erheblichkeitskriterium unscharf. Dies ist allerdings kein Spezifikum der hier besprochenen Sachverhalte, sondern hängt allgemein mit dem kasuistischen Charakter des § 241 Abs. 2 BGB zusammen. Ein klar umrissenes Anwendungsfeld lässt sich somit zwangsläufig nicht zeichnen. Allerdings ist es möglich, sich an existierende Fallgruppen zu orientieren:

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3.3.2.1. Gebot des fairen Verhandelns

Erstens findet sich eine Andockstelle in der arbeitsrechtlichen Rspr. und dem dort entwickelten Gebot des fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen.62 Danach sind pflichtwidrig: psychischer Druck und Überrumpelung, das Ausnutzen von körperlichen oder psychischen Schwächen sowie von unzureichenden Sprachkenntnissen. Freilich ist diese Pflichtwidrigkeit angesichts der existierenden Schutzmechanismen der §§ 104 ff., 119 ff., 134 und 138 BGB restriktiv anzunehmen.63 Ein allgemeines Reuerecht über ein schadensersatzrechtliches Institut ist nicht anzuerkennen. Damit unvereinbar wäre eine großzügige Anwendung der c.i.c., wenn die unmittelbar für den Schutz der Entscheidungs- und Vertragsfreiheit zuständigen Vorschriften – idR aus guten Gründen und normativ überzeugend – iE eine vertragliche Bindung vorsehen. Der Vertrag darf seine Funktion als zuverlässiges Gestaltungsinstrument nicht verlieren, doch besteht eben diese Gefahr, wenn er außerhalb gesetzlicher Spezialregelungen weitreichend mit Aussicht auf Erfolg angreifbar ist.64 Deshalb gilt es, sich bei der c.i.c.-Haftung auf Extremfälle zu beschränken. In diese Richtung denkt auch das BAG, wenn es den Anspruch von der Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen abhängig macht, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken.65

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3.3.2.2. Gebot des klaren Verhandelns

Zweitens ist die Regel des klaren Verhandelns66 ein hilfreicher Orientierungspunkt. Zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Teils gehöre es, mit ihm klar zu kommunizieren, damit Missverständnisse, die den Vertragsschluss gefährden könnten – etwa wegen Dissens oder wegen eines Irrtums – vermieden werden. Ziel hierbei ist es aber nicht, die Privatautonomie oder die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners zu schützen. Denn dieser Schutz folgt dann schon aus den einschlägigen §§ 119 ff., 154 f. BGB. Über das Gebot des klaren Verhandelns werden vielmehr die Vermögensinteressen des anderen Teils geschützt, welche etwa negativ betroffen sein können bei enttäuschten Dispositionen im (berechtigten) Vertrauen auf einen wirksamen Vertragsschluss. Auf diese Weise werden etwaige Haftungslücken geschlossen, die sich aus den allgemeinen Rechtsgeschäftsregeln ergeben.

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3.3.2.3. Schlussfolgerungen

Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, muss für das Ausnutzens von Rationalitätsdefiziten gelten, dass ein c.i.c.-Anspruch nur in eng umrissenen Fallgruppen in Betracht kommt. Nach den Regeln des fairen Verhandelns würde man den schadensersatzrechtlichen Schutz zur Anwendung berufen, wenn – wie vom Schrifttum gefordert67 – der Verwender erhebliche Asymmetrien exploitiert und – so die hiesige Ergänzung – infolgedessen wesentliche Vertragsparameter eine Falschbewertung oder Nichtbeachtung durch den beeinflussten Adressaten erfahren. Dabei besteht der besondere Pflichtwidrigkeitsgehalt darin, dass der Verwender die Onlineschnittstelle planvoll mit rein eigennützlicher Absicht einsetzt. In solchen Situationen ist es ausnahmsweise gerechtfertigt, etwaige Lücken zu schließen, welche nach den gesetzlichen Schutzmechanismen verbleiben – insbesondere in jenen Sachlagen, in denen die Schutzlücken allein deswegen entstehen, weil die technischen Designoptionen in Breite und Tiefe bis hierher unbekannte Möglichkeiten erreicht haben.

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Über das Gebot des klaren Verhandelns ist ein schadensersatzrechtlicher Behelf ergänzend neben den (selten greifenden)68 Rechtsgeschäftsregeln anzuerkennen, allerdings unter der Voraussetzung, dass dem Adressaten des manipulativen Gestaltungsmusters ein Vermögensschaden entstanden ist. Wer dies in den hier behandelten Sachverhalten anders sieht und allein das Eingreifen in die Entscheidungsautonomie ausreichen lässt, verändert den c.i.c.-Anspruch faktisch in ein strenges Instrument der Marktordnung. Hierfür besteht allerdings kein Bedarf, denn neben den Regeln des UWG, der DS-GVO oder dem neu geschaffenen Art. 25 DSA existieren auch zahlreiche Sondermaterien mit dahingehender Zielrichtung: Paradigmatisch erwähnt sei der § 63 Abs. 6 WpHG. Die BaFin hat in Bezug auf Tradingportale verlautbart, Dark Patterns seien mit dem Gebot der Redlichkeit des § 63 Abs. 6 S. 1 WpHG unvereinbar, sofern die Gestaltungsmuster der Anbieter bewirken, dass einzelne Schaltflächen der Internetpräsenz im Vergleich zu anderen schlechter wahrnehmbar sind. Bei solchen Designgestaltungen bestünde die Gefahr, dass ein Verbraucher verleitet werde, Handlungsoptionen nicht umfassend wahrzunehmen oder abzuwägen, und dies könne wiederum zu Entscheidungen führen, die nicht in seinem Eigeninteresse stehen. Die Aufsichtsbehörde hat damit ihre Absicht signalisiert, bei Zuwiderhandlungen von ihren die Marktintegrität schützenden Befugnissen gemäß § 120 Abs. 8 Nr. 31 WpHG Gebrauch zu machen. Da insoweit der (aggregierte) Schutz des Marktes als solcher intendiert ist, ist es richtig, niedrigschwelligere Eingriffskompetenzen vorzusehen, während in individuellen Rechtsbeziehungen vom etablierten Standard der Rechtsgeschäftslehre und der Schadenshaftung nicht abgewichen werden sollte.

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Dies bedeutet für unser obiges Beispiel69, dass beide thematisierten Gebote nicht einschlägig sind. Da die verhaltenssteuernden Maßnahmen des Schnittstellenverwenders klar auf der Hand liegen und es dem Adressaten freisteht, sich ihnen zu entziehen, besteht kein Grund, hier einen Schutz der Entscheidungsautonomie über die Schadenshaftung anzuerkennen. Damit ist insgesamt festzustellen: Auch schadensersatzrechtlich führen Dark Patterns zu keinen großen Veränderungen, obgleich § 241 Abs. 2 BGB richtigerweise als bedeutsame Schutzinsel privatrechtlicher Entscheidungsfreiheit anzuerkennen ist.

Rn484

3.3.3. Auswirkungen des Art. 25 DSA

Eine großzügigere schadensrechtliche Korrektur ist auch im Lichte des Art. 25 DSA nicht geboten. Zwar ist es denkbar, dieser marktordnenden Vorschrift, ähnlich wie dies im Bank- und Finanzmarktrecht erwogen wird,70 einen Einfluss auf die Kundenerwartung beizumessen, welche insoweit das Pflichtenprogramm des § 241 Abs. 2 BGB prägt. Die Auswirkungsschwelle ist allerdings, wie der Wortlaut zeigt, hoch. Verboten sind nämlich nach Art. 25 Abs. 1 DSA etwaige Täuschungen, Manipulationen und anderweitige maßgebliche Beeinträchtigungen oder Behinderungen der freien und informierten Entscheidung. Solche Verhaltensweisen des Schnittstellenverwenders wären schon nach tradierter Auslegungspraxis schadensrechtlich relevant. Denn insoweit stünde nicht nur eine (niedrigschwellige) Exploitation von Rationalitätsdefiziten im Raum, sondern massive(re) Einwirkungen auf die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners, die auch die Schwelle des § 123 BGB, wenn nicht sogar des § 138 BGB erreichen.

Rn485

3.4. Wirksamkeitshindernisse nach §§ 134, 138 BGB?

Auch Gegenstand der Diskussion war wiederholt, inwieweit dem von Dark Patterns (mit-)beeinflussten Vertrag die Wirksamkeit gemäß § 134 BGB oder § 138 BGB abzusprechen ist. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsstand vor Inkrafttreten des Art. 25 DSA (3.4.1.) und jenem danach (3.4.2.).

Rn486

3.4.1. Bewertung vor Inkrafttreten des Art. 25 DSA

3.4.1.1. Gesetzliches Verbot?

Eine Unwirksamkeit über § 134 BGB kommt unbesehen des Art. 25 DSA nur in Betracht, wenn man annimmt, die Dark Patterns würden das datenschutzrechtlich verbürgte „Recht auf Privatheit“ verletzen. Dabei müsste man die Vorschriften der DS-GVO als Verbotsgesetze ansehen, die sich gegen die Wirksamkeit eines zivilrechtlichen Vertrages als solchen richten. Überwiegend wird eine solche pauschale „Ausstrahlungswirkung“ indes verneint.71 Zwar mag die Einwilligungsregel des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO bei Verträgen, welche die Datenhingabe als Gegenleistung zum Vertragsgegenstand haben, eine Wirksamkeitsvoraussetzung sein.72 Hiervon abgesehen sollten die Vorschriften der DS-GVO nicht pauschal als Verbotsgesetze iSd § 134 BGB angesehen werden, denn dies würde ihre Schutzwirkung verkehren:73 Der Betroffene sähe sich nicht allein einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung ausgesetzt, sondern er würde zudem vertraglichen Primär- und Sekundäransprüchen weitestgehend verlustig gehen. Aus § 134 BGB folgt für die hier interessierenden Sachverhalte somit nichts, zumal bei dem Beispielssachverhalt oben ein tatsächlicher Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften nicht naheliegend erscheint.

Rn487
3.4.1.2. Sittenwidrigkeit?

Überwiegend abgelehnt wird auch eine Nichtigkeitsfolge gemäß § 138 BGB. Dornis führt zwei Argumente an:74 Erstens sei die Entscheidungsbeeinflussung mit den gesetzlichen Fallgruppen des § 138 Abs. 2 BGB nicht vergleichbar. Zweitens diene § 138 BGB insgesamt nicht dem Schutz der Entscheidungsfreiheit.

Rn488

Prominent eine gegenteilige Position hat vor allem Hacker entwickelt.75 Seiner Ansicht nach kann das Ausnutzen beschränkter Rationalität eine für § 138 BGB relevante Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit sein. Zum einen sieht er eine Vergleichbarkeit mit den Varianten des Mangels an Urteilsvermögen und der erheblichen Willensschwäche gemäß § 138 Abs. 2 BGB. Zum anderen verweist er u.a. darauf, dass auch das Ausnutzen einer Vormachtstellung iRd § 138 Abs. 1 BGB relevant werden kann.76 Dem entspreche normativ die Überlegenheit wegen Rationalitätsasymmetrien.77 Einschränkend verlangt Hacker eine kausale Benachteiligung des beschränkt rationalen Akteurs. Es sei hierfür ein Vergleich anzustellen: Einerseits die aufgrund der ausgenutzten beschränkten Rationalität tatsächlichen zustande gekommen Vertragsgestaltung mit der andererseits hypothetischen.

Rn489

Das legitime Anliegen von Hacker besteht darin, § 138 BGB angesichts weitreichender Technikphänomene zu adaptieren. In der Tat können Onlineanbieter mittels Big Data und KI hinsichtlich der Interaktion mit einem Kunden eine überlegene Wissens- und Rationalitätsposition aufbauen. Allein dieser Fakt genügt indes nicht, um den Anwendungsbereich des § 138 BGB zu erweitern. Grundsätzlich liegt es in der Hand des Betroffenen zu entscheiden, ob er sich von einem Vertrag, der unter benachteiligenden Bedingungen zustande gekommen ist, lösen möchte. Diesen Vorrang der selbstverantwortlichen Entscheidung drücken § 123 BGB und die Voraussetzungen des auf Vertragsauflösung gerichteten Schadensersatzanspruchs wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung aus. Darüber hinaus dürfen die unterschiedlichen Regelungsbereiche von § 123 BGB und § 138 BGB nicht aus dem Blick geraten. Während der Anfechtungstatbestand bestimmte Mängel beim Zustandebringen des Rechtsgeschäfts regelt, ist § 138 BGB tatbestandlich nur erfüllt, wenn der Inhalt des betreffenden Rechtsgeschäfts sittenwidrig ist. Ein solcher inhaltlicher Makel ist zwangsläufig nicht begründbar, bloß weil etwaige Stimmungs-, Urteils- und Affektheuristiken im Moment der Willensbildung ausgenutzt wurden. § 138 BGB ließe sich erweiternd nur bei Vermengung der Kategorien auslegen, wofür es aber regelmäßig keinen Anlass gibt.

Rn490

Die ipso-iure-Nichtigkeit ist bei Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit also – wenn überhaupt – die krasse Ausnahme. Deswegen kann §138 BGB in tradierten Sachverhalten erst eingreifen, wenn über die arglistige Täuschung hinaus weitere Umstände hinzutreten, die das Verdikt der Sittenwidrigkeit rechtfertigen.78

Rn491

Von diesen grundlegenden dogmatischen Erwägungen abgesehen ist eine Anwendung des § 138 BGB ohnehin schon aus anderen Gründen nicht angezeigt. Im Beispielsfall oben ist nämlich schon fraglich, ob von einer kausalen Benachteiligung und von einer Vormachtstellung auszugehen ist, wenn die verhaltenspsychologisch optimierte Entscheidungsarchitektur offen zutage tritt. Die Sachlage unterscheidet sich nicht wesentlich von jener, die bei verhaltenspsychologisch optimierter Gestaltung der Regale in Supermärkten besteht. Hier würde niemand der Idee verfallen, § 138 BGB zu bemühen. Hacker würde mangels kausaler Benachteiligung des beschränkt rationalen Akteurs ebenfalls zum selben Subsumptionsergebnis gelangen.

Rn492

3.4.2. Bewertung nach Inkrafttreten des Art. 25 DSA

Eine Revision von Gesagtem scheint bei erstem Hinsehen geboten angesichts des Art. 25 DSA. Denga führt aus, ein Verstoß hiergegen verwirkliche „ohne weiteres“ den Tatbestand des § 134 BGB und zudem werde das Merkmal der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) konkretisiert.79 Das Anfechtungsrecht sei wegen „Trägheitseffekten bei der Abgabe der Erklärung“ nicht vorrangig.

Rn493

Art. 25 DSA betrifft zunächst einmal nur Anbieter von Plattformen iSd Art. 3 lit. i DSA, also Hostingdienste, die „im Auftrag eines Nutzers Informationen [speichern] und öffentlich [verbreiten].“ Gemäß der Ausrichtung des DSA wird also auf Intermediäre mit Inhalten und Angeboten Dritter abgezielt, während Webseitenbetreiber, die eigene Angebote bereithalten, per Definition nicht erfasst werden. Zudem wird die Norm durch die vorrangigen Vorschriften der UGP-RL und der DS-GVO begrenzt (Art. 25 Abs. 2 DSA). Damit ist der Anwendungsbereich des Verbots eng umrissen80 und es ist ohne näheren Begründungsaufwand (zB Einheit der Rechtsordnung?) keine Fernwirkungen auf die vertragsrechtliche Bewertung von Dark Patterns annehmbar – insbesondere in den hiesigen Konstellationen, die von Art. 25 DSA gar nicht adressiert werden. Zwar ist in Art. 25 Abs. 3 lit. c DSA indirekt das click-fatigue-Pattern angesprochen; allerdings muss ausweislich Abs. 1 dabei die hohe Schwelle der Manipulation, Täuschung oder einer sonstigen „maßgeblichen“ Beeinträchtigung oder Behinderung überwunden werden. Für die meisten Vertriebsplattformen, die eine absatzfördernde User Experience im Blick haben, dürfte das nicht gelten.

Rn494

Angesichts der von Art. 25 Abs. 2 DSA zugesprochenen Vorrangstellung der DS-GVO und dem oben ausgearbeiteten Verhältnis zwischen datenschutzrechtlichen Bestimmungen und § 134 BGB81 kann über Art. 25 Abs. 1 DSA keine Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages begründet werden.82 Vielmehr ist die Vorschrift lediglich für die Sanktionen gemäß Art. 52 DSA von Bedeutung. Darüber hinaus bleibt das zuvor schon Gesagte gültig: Anstelle einer ipso-iure-Nichtigkeit ist für einen wohlverstandenen Schutz der Dispositionsfreiheit die individuelle Entscheidung darüber, ob das Geschäft tatsächlich so nachteilig ist, dass es mittels Anfechtung beseitigt werden soll, eindeutig vorrangig. Nicht durchzukommen ist deswegen mit einem hart paternalistischen Verweis auf (vermeintliche) „Trägheitseffekte“ bei der Abgabe der Anfechtungserklärung; hierfür bietet die Rechtsgeschäftslehre keinen Raum. Könnte man so argumentiert einer Derogation des Anfechtungsrechts das Wort reden, so könnte man es auch gleich gänzlich streichen.

Rn495

4. Zusammenfassung in Thesen

  1. Dark Patterns ist ein Konjunkturbegriff, der Designmuster in verhaltensökonomisch optimierten Kundenschnittstellen betrifft. Dabei handelt es sich nicht zwingend um Designmuster, die unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten oder pflichtwidrige Manipulationen. Vom Verwender werden sie eingesetzt, um einen Vorteil zu generieren, oftmals indem unterschwellig typische menschliche Rationalitätsasymmetrien, Reflexionslücken, Stimmungs- oder Affektheuristiken exploitiert werden. Dark Patterns sind somit aufgrund ihrer verhaltenspsychologischen Optimierung statistisch gesehen nachteilig für eine Überzahl der Adressaten. Dies ist nicht mit einer konkret-individuellen Kausalität gleichzusetzen.
  2. Dem Adressaten eines verhaltenspsychologisch optimierten Designmusters steht kein pauschaler Schutz vor Ausnutzung von Rationalitätsdefiziten zu – insbesondere nicht, wenn die entsprechenden Designmuster klar auf der Hand liegen und der Betroffene sich ihnen entziehen kann. Weder den Rechtsgeschäftsregeln (§§ 119 ff., 134, 138, 145 ff., 154 f. BGB) noch dem Schadensrecht (c.i.c.) kommt insoweit eine abstrakte marktordnende Bedeutung zu. Eine erweiterte Auslegung der zivilrechtlichen Regeln ist auch nicht über Art. 25 DSA begründbar.
  3. Die individuelle Privat- und Entscheidungsautonomie ist in Ausnahmesachverhalten schadensrechtlich mithilfe des c.i.c.-Anspruchs geschützt, wenn das Gestaltungsmuster in concreto (i) mit den Geboten des fairen und klaren Verhandelns unvereinbar ist, (ii) planvoll mit einem statistisch fundierten Informationsüberfluss eingesetzt wurde und (iii) beim Adressaten zu einer gestörten Bewertung wesentlicher Vertragsparameter geführt hat. Etwaige verbleibende abstrakte Schutzlücken sind spezialgesetzlich zu adressieren, etwa über das Lauterkeitsrecht. Das bestätigt Art. 25 DSA, dem insoweit eine marktordnende Bedeutung beikommt.
Rn496

1 European Commission, Behavioural study on unfair commercial practices in the digital environment: dark patterns and manipulative personalisation, April 2022; Berbece, Let there be light! – Dark patterns under the lens of the EU legal framework, 2019; Dornis, ZfPW 2022, 310; Gerpott, K&R 2022, 726; Denga, ZfDR 2022, 229; Kühling/Sauerborn, CR 2022, 226 ff. und 295 ff.; Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47; Gertz/Martini/Seeliger/Timko, LTZ 2023, 3.

2 Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG.

3 Vgl. Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 49.

4 Gertz/Martini/Seeliger/Timko, LTZ 2023, 3 f. betonen die disziplinabhängig unterschiedliche Akzentuierung des Begriffs.

5 Microsoft wurde vorgeworfen, diesen Dark Pattern genutzt zu haben, um ein Update auf Windows 10 weitläufig zu provozieren; vgl. kurzelinks.de/sytb.

6 Kühling/Sauerborn, CR 2022, 226 Rn. 4.

7 Grundlegend Thaler/Sunstein, Nudge, Edition 2009.

8 Thaler/Sunstein, Nudge, Edition 2009, S. 10 f.

9 Vgl. Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden, OH Telemedien 2021, Rn. 125 f.

10 Zum Ausdruck Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 5.

11 Recht pauschal Gertz/Martini/Seeliger/Timko, LTZ 2023, 3, 4 („…missbrauchen so ihre Gestaltungsmacht – insbesondere indem sie Besonderheiten oder Verzerrungen der menschlichen Entscheidungsfindung ansprechen, also manipulieren, Druck ausüben oder täuschen“).

12 Vgl. etwa Behavioural study on unfair commercial practices in the digital environment: dark patterns and manipulative personalisation, April 2022, S. 32, 61 ff.

13 Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 52.

14 Recht pauschal aA Gertz/Martini/Seeliger/Timko, LTZ 2023, 3, 4.

15 „Nur noch drei Exemplare verfügbar“, obwohl weitere Exemplare verfügbar sind.

16 Luguri/Strahilevitz, Journal of Legal Analysis 13 (2021), 43 ff.

17 Siehe beispielhaft Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 65 ff.

18 Im Detail dazu Luguri/Strahilevitz, Journal of Legal Analysis 13 (2021), 43.

19 Akerlof/Shiller, Phishing for Phools, The Economics of Manipulation and Deception, 2015.

20 Kühling/Sauerborn, CR 2022, 226 Rn. 1.

21 Freilich führt die Heterogenität der Kunden zu Nachweisschwierigkeiten im Individualprozess, denn es kann aufgrund statistischer Annahmen nicht geschlussfolgert werden, die jeweilige Einflussnahme sei auch in concreto relevant geworden (vgl. treffend D. Meier, Täuschung und Manipulation im Privatrecht, 2022, S. 223 f.).

22 Dazu Kühling/Cornelius, CR 2022, 295 Rn. 15.

23 BVerfG, Urteil vom 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, BVerfGE 103, 89 = NJW 2001, 957, 958 (dort in einem familienrechtlichen Zusammenhang).

24 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, 4. Auflage 1992, § 1 1. (S. 1).

25 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, 4. Auflage 1992, § 5 1. (S. 62).

26 Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 12.

27 Exemplarisch BGH, Urteil vom 24.2.2016 – XII ZR 5/15, BGHZ 209, 105 = BGH NJW 2016, 1441 Rn. 37; BGH, Urteil vom 16.12.2009 – XII ZR 146/07, BGHZ 184, 35 = NJW 2010, 861 Rn. 19.

28 Anders kann dies bei Abofallen sein; dahingehend etwa Denga, ZfDR 2022, 229, 245 f.

29 Näher zu den Vss. Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 75 f.

30 Zu den Vss. Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 77 f.

31 Zu beiden Irrtumsarten ebenfalls ablehnend Schäfers, AcP 221 (2021), 32, 43; s. auch Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 839 iZm der wertungsmäßig ähnlich belegenen „personalisierten“ Vertragsanbahnung.

32 Vgl. etwa Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 708; Ebers, MMR 2018, 423, 426; Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 839 f.

33 Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 840; Schäfers, AcP 221 (2021), 32, 43; Ebers, MMR 2018, 423, 426.

34 Denga, ZfDR 2022, 229, 246, der insoweit bei tatsächlich unzutreffenden Countdowns, Nutzer- und Beliebtheitsangaben etc. den Täuschungstatbestand „ohne Weiteres“ als erfüllt ansieht.

35 MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 123 Rn. 29.

36 Denga, ZfDR 2022, 229, 247.

37 Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 62 f.; Kühling/Sauerborn, CR 2022, 295, 300.

38 MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 123 Rn. 21; a.A. wohl Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 840 zur personalisierten Vertragsanbahnung.

39 Relevant wäre dies im Beispielsfall für die automatisch ausgewählte Reiserücktrittsversicherung, da der Hinweis darauf – trotz der Infobox – vom durchschnittlichen Nutzer schnell übersehen wird. Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 63 nur bejahend für unwahre scarcity-Patterns, nicht hingegen für social proof- und countdown-Patterns.

40 Dornis, ZfPW 2022, 310, 334.

41 Denga, ZfDR 2022, 229, 247.

42 Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 840 mit Bezug auf BGH NJW 2010, 3362.

43 So explizit MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 123 Rn. 24 mit Bezug auf u.a. BGH NJW-RR 2005, 1082, 1083, dort mwN.

44 D. Meier, Täuschung und Manipulation im Privatrecht, 2022, S. 229.

45 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, 4. Auflage 1992, § 29 1. (S. 542).

46 Hinsichtlich des Beispiels oben wäre nur iZm der automatisch ausgewählten Reiserücktrittsversicherung denkbar, soweit die Gestaltung – trotz der Infobox – untergeordnet gehalten ist, wodurch eine Parallele zum „Verstecken im Kleingedruckten“ bestünde.

47 D. Meier, Täuschung und Manipulation im Privatrecht, 2022, S. 325 f.

48 Paradigmatisch das oben aufgegriffene Click-Fatigue-Pattern: Die gesuchte Option wird hinter zahlreichen Unter- und Zwischenseiten versteckt, damit der Nutzer des Suchens müde wird und die Suche aufgibt. Wer einer solchen Frustration ausgesetzt ist, wird nicht mit zahlreichen Screenshots die manipulative Gestaltung dokumentieren.

49 So auch schon Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 73.

50 Statt aller MüKoBGB/Bachmann, 9. Auflage 2022, § 241 Rn. 58.

51 BeckOGK/Herresthal, 15.1.2023, § 311 Rn. 233 ff.

52 Ebers, MMR 2018, 423, 426 f.; Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, ZfDR 2021, 47, 63; Denga, ZfDR 2022, 229, 250; skeptisch nach tatbestandlicher Prüfung Dornis, ZfPW 2022, 310, 334 ff.; insgesamt ablehnend Hennemann, AcP 219 (2019), 818, 844.

53 S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997; Grigoleit, NJW 1999, 900; Fleischer, AcP 200 (2000), 91, 111 ff.; BeckOGK/Herresthal (Fn. 51), § 311 Rn. 242 f.

54 Vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012 − IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 = NJW 2012, 3647 Rn. 64 mwN; BGH, Urteil vom 26.9.1997 – V ZR 29/96, BGH NJW 1998, 302, 303 f.

55 Siehe das Schrifttum oben in Fn. 53.

56 Fleischer, AcP 200 (2000), 91, 111; Grigoleit, NJW 1999, 900, 901.

57 NK-BGB/Schulze, 11. Auflage 2021, § 241 Rn. 5; BeckOK BGB/Sutschet, 1.2.2023, § 241 Rn. 44.

58 Vgl. etwa Schäfers, AcP 221 (2021), 32, 44 ff.

59 Schäfers, AcP 221 (2021), 32, 50.

60 Ausführlich Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 661 ff.; dem folgend Schäfers, AcP 221 (2021), 32, 61.

61 Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 663.

62 Vgl. BAG, Urteil vom 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688 Rn. 31 ff.

63 Deswegen mit deutlicher Kritik an der Rspr. des BAG Fischinger, NZA 2019, 729, 730 ff.

64 Zutreffend Kamanabrou, RdA 2020, 201, 205.

65 BAG, Urteil vom 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688 Rn. 34.

66 MüKoBGB/Bachmann, 9. Auflage 2022, § 241 Rn. 86.

67 Siehe oben 3.3.1.

68 Insoweit seien noch einmal die Ausführungen unter 3.1., 3.2. in Erinnerung gerufen.

69 Unter 2.2.3.

70 Zum Meinungsstand BeckOGK/Buck-Heeb/Lang, 1.2.2023, § 675 Rn. 261 ff.

71 LG Detmold, Urteil vom 6.3.2020 – 01 O 392/18, BeckRS 2020, 40247 Rn. 36; Dornis, ZfPW 2022, 310, 331; Drabinski, Die vertragliche Datenüberlassung und das Kaufrecht, 2022, S. 94 f.; ausführlich Hacker, Datenprivatrecht, 2020, S. 398 ff.

72 Linardatos, in: Specht-Riemenschneider/Werry/Werry, Datenrecht in der Digitalisierung, 2019, § 5.3 Rn. 41; dahingehend auch v.Westphalen/Wendehorst, BB 2016, 2179, 2184, 2187.

73 Hacker, Datenprivatrecht, 2020, S. 402 f.

74 Dornis, ZfPW 2022, 310, 332.

75 Siehe Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 700 ff. Anders auch Corleis, Personalisierte Preisdifferenzierung, in: Jb. Junge Zivilrechtswissenschaft, 2022, S. 69: bei „besonders anstößigem Maße…der personalisierten Preisdifferenzierung“, etwa bei Verknüpfung der Preisstrategien mit Manipulationstechniken.

76 Näher dazu MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 144 ff., der allerdings kategorial etwas anders konnotiert von Übermacht und nicht bloß von Vormacht spricht.

77 Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 706.

78 Staudinger/Fischinger, BGB, 2021, § 138 Rn. 27 ff. mwN.

79 Denga, ZfDR 2022, 229, 259.

80 Tendenziell anders Gertz/Martini/Seeliger/Timko, LTZ 2023, 3, 7.

81 Oben 3.4.1.

82 I.E. ebenso Müller-Terpitz/Köhler/Barudi, Digital Services Act: DSA, 2023, Art. 25 Rn. 15.