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Zitiervorschlag: Filbinger, LR 2019, S. 26, [●], www.lrz.legal/2019S26

 
Dr. Konstantin Filbinger
Rechtsanwalt, THEOPARK Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB in Nürnberg

Eduard Hofert hat mit seiner vor einigen Wochen im Mohr Siebeck Verlag veröffentlichten Arbeit eine genauere Untersuchung der hoheitlichen Steuerung von Blockchainanwendungen vorgelegt. Die Arbeit konzentriert sich auf Netzwerke im Zahlungskontext, sodass Themen wie die blockchain-basierte Dokumentation im Logistikbereich von vornherein und bewusst ausgeklammert werden. Die Arbeit gliedert sich in einen auf die Einführung folgenden Abschnitt zur technischen Ausgestaltung offener und geschlossener Blockchains, einen Bereich zur Governance in Blockchains, gefolgt von Ausführungen zu „Anforderungen an eine normative Struktur für die Blockchaingovernance“ und der Behandlung von Finanzgeschäften mit virtuellen Währungen nach geltendem Recht, ehe das Werk mit Erörterungen der regulatorischen Ansätze in den USA und einem Schlussteil zu den Ergebnissen schließt.


 

 

 

Theoretische Regulierung und Regulierbarkeit von Blockchainanwendungen

Im Rahmen der Einleitung geht Hofert auf die technischen Spezifika und Charakteristika der Blockchaintechnologie ein und stellt in diesem Zug deren wesentlichen Vorteil dar und vor: Sie synchronisiert die im Netzwerk kommunizierten Registerversionen ohne registerführenden Intermediär und kann Ereignisse durch eingriffsichere Dokumentation in einer öffentlichen Datenbank festhalten. Auf eine Darstellung der zahlreichen unterschiedlichen Konsensmechanismen wird verzichtet, was beim Leser den Eindruck erwecken kann, dass der in der Praxis häufigste Konsensmechanismus des Proof-of-Work die einzig mögliche Verifizierung neuer Einträge im Register darstellt. Im Kapitel zur Governance zeigt der Autor u.a. am Beispiel des Streitschlichtungsmechanismus im Bitcoinsystem auf, dass die Bitcoinstreitschlichter im Gegensatz zum staatlichen Pendant ihre Entscheidungen nach eigenen normativen Maßstäben vollziehen und auch die Gründe im konkreten Fall nicht publiziert werden. Sodann folgt eine Auseinandersetzung mit den Anforderungen an eine normative Struktur für Governance in Blockchainsystemen: Die Möglichkeit einer regulierten Selbstregulierung der Blockchains wird aufgezeigt und resümiert, dass der Staat hier sinnvollerweise private Selbstregulierungstendenzen durch hoheitliche Instrumente stabilisieren könnte. Geldwäsche könne über einzelstaatliche Vorgaben wie z.B. einer Face-to-Face-Identifikation der Kunden indes nur unzureichend bekämpft werden: Hier drohe die Gefahr des „Forum Shopping“, die Dienstleistung könne in Länder mit den schwächsten Standards verlagert werden. In einem Abschnitt zum Verbraucherschutz werden sodann die Nachteile der einstufigen Authentifizierung sowie der Vermögensentwertung aufgrund von Wechselkursvolatilität dargestellt.


Regulierung in der Praxis: Deutschland und USA

Im darauffolgenden Kapitel zum Kreditwesengesetz und zu Nebengesetzen geht der Autor auf den Begriff der Rechnungseinheit i.S.d. § 1 Abs. 11 S.1 Nr. 7 2. Alt. KWG ein, subsumiert auch kryptografische Geldeinheiten unter diesen Begriff (die Fertigstellung der Arbeit lag zeitlich vor dem anderslautenden Urteil des KG Berlin[1]) und bewertet diese folglich als Finanzinstrument i.S.v. § 1 Abs. 11 KWG, wohingegen virtuelle Währungen gerade nicht als E-Geld i.S.d. Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes einzuordnen seien.

Abschließend richtet Hofert seinen Fokus auf die Vereinigten Staaten: Im Bundesstaat New York konturiert die 2015 verkündete BitLicense den Rechtsrahmen für Geschäftstätigkeit mit virtuellen Währungen, Schwerpunkte sind neben dem Verbraucherschutz auch Geldwäschebekämpfung und Cybersecurity. Finanzgeschäfte mit virtuellen Währungen dürfen dort nur aufgrund einer Konzession durch das New York State Department of Financial Services durchgeführt werden. Insbesondere müssen Dienstleister angemessenes Eigenkapital vorhalten. Kundeneinlagen müssen voll gedeckt sein, wobei mit diesen nicht operiert werden darf. Ferner seien Cybersecuritymaßnahmen zu implementieren und die Institute haben Strukturen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung herauszubilden.


Fazit

Die Dissertation von Hofert bietet einen Überblick zur Rechtslage in Deutschland und den USA sowie zum theoretischen Unterbau und Hintergrund von Regulierung. Eine Abgrenzung der Begriffe Steuerung und Regulierung sowie eine Auseinandersetzung mit Regulierungstheorien erfolgt nicht.[2] Der Autor zeigt neben bestehendem Regulierungsbedarf auch konkrete Lösungsansätze auf. Sämtliche Ausführungen dürften sich auch auf andere, nicht blockchainbasierte Technologien im Distributed-Ledger-Kontext (z.B. die der Währung IOTA zugrundeliegende, nichtlineare netzartige Struktur namens „Tangle“) übertragen lassen. Mit Spannung darf erwartet werden, mit welchen staatlichen Regulierungsansätzen Staaten uni- oder multilateral in der Praxis aufwarten.  

 

 


[1] KG Berlin, Urteil v. 25.9.2018, Az 161 Ss 28/18.
[2] s. hierzu z.B. Filbinger, Staatliches Steuerungsselbstvertrauen (im Erscheinen), 21-33; umfassend Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, 15-93.